SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Was tun, wenn alle Worte sinnlos werden? Weil sie keinen Zusammenhang mehr ergeben. Weil sie mir nicht mehr einfallen. Menschen, die an einer Demenz leiden, ergeht das oft so. Dann wird es schwierig mit der Unterhaltung. Dann gibt es kein Schwätzchen mehr auf dem Flur, weil mir nichts mehr einfällt, was ich schwätzen könnte. Oder weil der Andere mich partout nicht versteht. Nicht kapiert, was ich eigentlich sagen will. Vielleicht kapiere ich es auch selbst nicht mehr, weil wir schon in zwei verschiedenen Welten wohnen. Die Sprache, die ich gewohnt bin, in der ich mich flüssig bewegen und ausdrücken konnte, ist stumpf geworden. Trennt vielleicht mehr, als dass sie verbindet. Und was nun? Wenn alle Worte sinnlos werden, bleibt uns zum Glück noch eine Sprache, die universal ist, die keine Worte braucht und keine Grammatik. Die Sprache der Liebe. Eine Sprache, die jeder Säugling schon beherrscht und die auch im hohen Greisenalter noch verstanden wird. Sogar dann noch, wenn der Geist nicht mehr gehorchen will. Eine Sprache, die manche Menschen im Laufe ihres Lebens verlernen und die sie manchmal erst mühsam und tastend wiederentdecken müssen. Dabei ist sie ganz simpel: Einfach da sein. Die Wange streicheln. Die Hand halten. In den Arm nehmen. Die berühmten Worte, die der Apostel Paulus in einem seiner Briefe hinterlassen hat und die noch immer auf vielen Hochzeitsfeiern verlesen werden, bekommen für mich da noch einmal eine ganz eigene, tiefe Bedeutung: „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, dann wäre ich nichts."

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