SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Meine Mutter." Das ist zurzeit immer wieder Thema, wenn ich mich mit Freundinnen unterhalte. Zur eigenen Mutter haben manche ein gespaltenes Verhältnis. Doch das Leben ist ein Geschenk, dank der Mutter. Andererseits heißt ein eigenes Leben führen immer auch Loslassen von der Mutter. In dieser Nähe und Distanz Beziehung sind Kinder und Eltern gleichermaßen verwurzelt. Mit mehr oder weniger Konflikten. „Ich will meiner Mutter alles Recht machen, es gelingt mir nie." „Ich will meiner Mutter Unabhängigkeit beweisen, doch es scheitert oft." „Ich will meiner Mutter kein Kind mehr sein, und doch ich bleibe es ein Leben lang." Hinter diesen Aussagen steckt viel Schmerz. Oft verletzen sich gerade die Menschen, die sich sehr lieb haben, am tiefsten. Unerfüllte Erwartungen, Leistungsdruck, Wünsche und Wirklichkeit. Wer es schafft, mit seiner Mutter eine freundschaftliche Beziehung mit Respekt und Verständnis zu führen, scheint ein glückliches und zufriedenes Leben zu haben. Ich finde, es ist wichtig auch hier versöhnte Wege zu gehen. Ich kann und will meiner Mutter nicht alles Recht machen. Denn es ist gerade diese Eigenschaft, die sie an mir mag, auch wenn sie es nicht gerne zugibt. Mütter und Töchtern sind sich in vielem ähnlich und doch oft ganz anders. Sich gegenseitig zu achten, ist für mich ein wichtiger Schritt sich voneinander zu lösen. Maria war auch eine Mutter, die Mutter von Jesus. Ich glaube, sie wusste, was es bedeutet, Mutter zu sein. Für manche Menschen steht sie für Geborgenheit und bedingungslose Liebe. Und das war für sie - bei Gott - bestimmt keine leichte Aufgabe. Loslassen musste auch sie. Zum Beispiel als Jesus als kleiner Junge auf und davon ist, und sie ihn im Tempel von Jerusalem gefunden hat. Sie war als überrascht, was er da tat. Dass er anderen Menschen von Gott erzählen konnte, hätte sie ihm vielleicht nicht zugetraut. Und das schmerzlichste Loslassen-Müssen hat sie bei seinem Tod erfahren. Wie gerne hätte sie ihn wohl noch länger bei sich gehabt, ihn beschützt. Viele Mütter können dieses Leid gut nachempfinden, wenn es heißt Kinder eigene Wege gehen zu lassen. So denke ich in Dankbarkeit an alle Mütter, die loslassen können aus Liebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12944
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