SWR3 Gedanken

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Verantwortungslos und egoistisch - so heißt es oft von Frauen, die erst spät Mutter werden. Sie seien zu alt und den Herausforderungen, die ein Kind mit sich bringt, nicht gewachsen. Warum manche Frauen erst mit 40, 50 Mutter werden, fragen wenige. Dabei ist doch unübersehbar:
Immer mehr Frauen werden erst spät Mutter, weil sie erst einmal ihre Ausbildung zu Ende und ihre berufliche Kariere in Gang bringen wollen; oder aber weil der Richtige sich erst jetzt findet - Paare heiraten heute deutlich später.
Vielen Frauen ergeht es aber auch wie Elisabeth. Ihre Geschichte steht in der Bibel. Zunächst heißt es: sie sei unfruchtbar. Sie ist ja schon relativ alt, vielleicht so zwischen 40 und 50. Da wird sie mit einem Male schwanger.
Und weil sie so alt erst schwanger wird, zieht sie sich für fünf Monate von allem zurück. Vielleicht hat sie gedacht: "Bestimmt hat meine Periode ausgesetzt, bestimmt ist das der Anfang des Klimakteriums. Eine Schwangerschaft in meinem Alter? Unmöglich. Außerdem habe ich mit dem Kinderthema abgeschlossen."
Vielleicht hat sie aber auch genau gewusst, dass sie schwanger ist. Und hat Angst um dieses Kind gehabt, das da in ihr heranwächst. Angst vor einer möglichen Fehlgeburt. Fünf Monate Rückzug - auf jeden Fall nimmt sie sich die Zeit, die Schwangerschaft bewusst wahrzunehmen.
Was ihr geholfen hat? Eines Tages kommt sie eine jüngere Frau besuchen. Die ist auch gerade schwanger. Die beiden Frauen reden miteinander, tauschen sich aus, über ihre Glücksgefühle, über ihre Ängste. Die jüngere Frau bringt die Unbefangenheit, die Unbekümmertheit mit, die ältere Frau die Reife des schon ausbalancierten Lebens. Und gemeinsam sagen sie: ja. Wie immer es kommt, ja zu diesem Leben.

Lukas 1.
Margot Käßmann, Mütter der Bibel; Verlag Herder GmbH 2010.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12932
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