SWR4 Abendgedanken

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Ein buntes Bild: 1600 Stäbe in gelb, blau, lila und rot stehen rund um den Trierer Dom. Sie stecken in großen mit Erde gefüllten Holzbottichen. Es sind Haselnussstäbe, etwa ein Meter fünfzig bis zwei Meter hoch. Schüler der Medardschule in Trier haben sie gemacht. Im Wald geschnitten, anschließend geschleift und dann bemalt. Es sind Pilgerstäbe. Denn im Moment ist ja die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier. Sie sehen schön aus in ihren bunten Farben. Diese Armee von Stäben erinnert daran, dass die Pilger im Mittelalter, wenn sie am Ziel ihrer Pilgerreise waren, ihren Stab am Eingang der Wallfahrtskirche zurückließen.
Der Pilgerstab war der feste Begleiter eines Pilgers. Auf seinem oft 1000 Kilometer langen Fußweg diente er ihm als Stütze und er half auch gegen knurrende Hunde. Gerne wurde er das „dritte Bein des Pilgers" genannt. Mit ihm ist der Pilger durch dick und dünn gegangen. Bei allen Begegnungen und Erlebnissen auf dem langen Weg war der Stab dabei. Am Ziel angekommen hat der Pilger ihn an der Kirche zurückgelassen. Und damit ein Stück von sich selbst, von seinem Pilgerweg. 1600 Pilgerstäbe sind eine ganze Menge und ergeben ein buntes Bild. In der 500jährigen Geschichte der Heilig-Rock-Wallfahrt sind Millionen Menschen nach Trier gepilgert. Die Zahl 1600 reicht hier also nicht aus. Und auch die Farben gelb, blau, lila und rot reichen nicht aus, um die Buntheit all dieser Pilger darzustellen. Denn Menschen pilgern aus ganz unterschiedlichen Motiven, mit unterschiedlichen Gedanken und Lebensgeschichten. Und so stehen im Moment am Schrein des Heiligen Rockes in Trier die Frommen neben den Zweiflern, die Alten neben den Jungen, die Reichen neben den Armen, jeder mit seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Erfahrungen und Erlebnissen.

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