SWR2 Wort zum Tag

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„Kein Film für schwache Nerven," heißt es in der Vorschau auf das Fernsehprogramm. Wie reagieren Sie auf so einen Hinweis. Jetzt erst recht oder das ist nichts für mich?
„Kein Film für schwache Nerven." Vor ein paar Jahren hätte mich so eine Ankündigung gereizt. ‚Ich kann ja umgehen mit der fiktionalen Wirklichkeit, mit der Filme spielen.' Wenn sie mich mit Ängsten konfrontieren, mit Schicksalen, mit Leid, Liebe und mit Entwicklungen, die ich bedrohlich finde. Ich war mir sicher: Ich bin Manns genug, zu unterscheiden: Hier der Film, dort meine Realität. Kein Film wird mich nachhaltig verunsichern können.
Im Gegenteil: Es ist doch wichtig, sich Emotionen zu stellen, die ein Film in meiner Seele aufwühlt. Sie zu durchleben, sich selbst und die Welt durch Filme besser zu verstehen und sich auch unbekannten Realitäten zu stellen. Auch wenn sie mir unangenehm sind.
Grundsätzlich sehe ich das immer noch so.
Trotzdem spüre ich, dass ich mir manche Filme nicht mehr antun kann. Und ich will es auch nicht. Und zwar ohne, dass ich mir dabei merkwürdig vorkomme, so als wolle ich mich der Begegnung mit ihrer Realität verweigern. Es ist nicht ehrenrührig oder unmännlich, wenn ich beachte: Für diesen Film sind „meine Nerven zu schwach."
Gibt es einen Maßstab dafür, wann man sich einen Film nicht mehr antun sollte. Ist es nur eine Frage des Wohlgefühls?
Von Jesus ist ein Wort überliefert, das könnte ein genauerer Prüfmaßstab sein. Er sagt da:
„Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele."(Matth. 16,26)
Angewandt auf den Film und meine Nerven, heißt das für mich: Es gibt den Punkt, an dem der „Weltgewinn", der Realitätsgewinn, den ich beim Anschauen eines Films habe, meiner Seele nicht mehr hilft, sondern schadet. Diesen Umschlagpunkt, den gilt es zu erkennen und zu achten, rät Jesus. Es kann gut sein, dass ich diesen Punkt heute eher erreiche als früher. Entweder weil meine Seele poröser geworden ist. Verletzlicher.
Oder, weil ich nicht mehr so viel Kraft habe, mit Ängsten und aufwühlenden Emotionen, konstruktiv umzugehen im Leben nach dem Film. Wenn ich zB. merke. Die Bilder und Emotionen verfolgen mich und wuchern in mir. Ich kann sie nicht mehr in den Alltag mitnehmen und dort aktiv verwandeln. Im Gegenteil: sie machen mich mutloser, misanthropischer, verschlossener.
Ich finde, wenn Filme so wirken, haben sie den Umschlagpunkt überschritten und schaden. Dann sollte man sie sich nicht mehr auf die Seele legen.

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