Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Jetzt willst Du schon wieder mit dem Kopf durch die Wand! Immer muss es so gehen, wie Du willst!" Ein harter Vorwurf. Der Haussegen hängt schief. Ein Konflikt, der sich aufgestaut hat: „Immer muss es so gehen, wie Du willst!" Wenn das so ist, dann wird es schwierig miteinander. Wenn ich einen solchen Konflikt mitbekomme, dann muss ich an einen Satz von Papst Johannes XXIII. denken: „Giovanni, nimm Dich nicht so wichtig!" Das hat er zu sich selbst gesagt, bestimmt mit einem gewissen Schmunzeln. Denn er war ein humorvoller Mensch. Er hat einen guten inneren Abstand zu sich selbst gehabt, und so konnte er auch über sich selbst den Kopf schütteln: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!" Dieser gütige Papst ist mir in dieser Hinsicht ein wichtiges Vorbild. An ihm kann ich ablesen: Es ist wohltuend, wenn ich mir selbst mit einem Augenzwinkern über die Schultern schauen kann. Wenn ich nicht ängstlich auf mich fixiert bin. Es hilft weiter, wenn ich nicht distanzlos an meinen eigenen Vorstellungen und Vorlieben hänge. Wenn ich mich nicht einfach von meinen Wertungen und Bedürfnissen bestimmen lasse. Diese innere Freiheit war dem heiligen Ignatius, dem Gründer der Jesuiten, besonders wichtig. Für ihn bedeutete "Freiheit des Geistes": "Ich kann, wenn es sinnvoll ist, jederzeit auch das Gegenteil von dem tun, was ich jetzt tue." Mit anderen Worten: "Mir kann es gut gehen, auch wenn es nicht so geht, wie ich es mir vorstelle." Wer diese innere Freiheit erreicht hat, der tut sich leichter mit seinen Mitmenschen und mit sich selbst. Mir ist diese Einstellung immer wichtiger geworden. Deshalb halte ich von Zeit zu Zeit inne und versuche, etwas Abstand zu mir selbst zu gewinnen. Damit ich merke, was mit mir los ist. Wo ich mir wieder selbst auf den Leim gegangen bin. Und dann bete ich ein Gebet, das  vom Hl. Thomas Morus stammt: „Gott, lass nicht zu, dass ich mir allzu viel Sorgen mache um dieses sich breit machende Etwas, das sich ‚Ich' nennt." Damit ich frei werde von meinen Fixierungen und offen werde für die Mitmenschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12865
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