SWR2 Wort zum Tag

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Deutschland sucht den Superstar und castet das Supermodel. Warum nicht auch mal ein Wettbewerb zum beliebtesten Bibelspruch aller Zeiten. Gute Chancen auf Platz 1 hat der 1. Johannesbrief: Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Zumindest meine Konfirmandinnen und Konfirmanden setzen dieses Bibelwort regelmäßig aufs Siegertreppchen.
Eigentlich logisch, denn die Liebe in der Familie wird von Jugendlichen sehr hoch gehalten, die Anerkennung in der Gruppe, und, klar, natürlich auch die erste Freundin, der erste Freund. Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Das klingt in der ganzen Verwirrung der Gefühle eines Jugendlichen auch bestechend klar und einfach. Und da spüren die Konfis ja auch etwas ganz Richtiges. Liebe ist klar und einfach, schlicht und schön. Spätestens in meinem Alter weiß man dann, dass es alles andere als einfach sein kann mit der Liebe. Und kann ihre Schönheit und Klarheit dann wieder auf andere Art schätzen.
Gott ist die Liebe. Ein Theologieprofessor erklärt mir, dass Bilder von Gott nur Übergangsphänomene sind, er widmet sich dem unfassbaren, unsagbaren Gott, einem Gott jenseits unserer Vorstellungswelt. Mit dem 1. Johannesbrief möchte ich Einspruch erheben, denn ich finde es ganz wichtig, dass die Liebe Gottes nicht bloss jenseitig in fernen Himmelssphären schwebt, sondern ganz konkret auf der Erde angekommen ist, fassbar, sichtbar in Jesus Christus, und dank ihm auch mit uns und unserem Alltag zu tun hat. In der Tat, Gott werden wir nie ganz erfassen und er ist auch immer jenseits unserer Vorstellungswert. Doch in Christus zeigt uns Gott sein menschliches Gesicht. Liebevoll.
Bleibt in dieser Liebe, das steht auch im 1. Johannesbrief. Ich muss Liebe nicht anstreben nach langem Training, ihr nicht hinterherhecheln. Bleiben. Vielleicht auch sie aushalten. Aushalten, dass Gott auch die liebt, die ich persönlich absolut nicht leiden mag, dass er die liebt, die mir Schwierigkeiten machen. Gott sei Dank liebt, meine ich. Denn es wäre eine schreckliche Welt, in der Menschen bestimmen, wen Gott lieben darf.
Ich finde, ich müsste verzweifeln, wenn ich nicht in dieser Liebe bleiben dürfte. Mag sein, das ist manchem zu einfach. Für mich liegt in dieser Einfachheit das Geheimnis der Welt, Stoff genug zum Nachdenken für ein ganzes Leben. Und konkret wie mein Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Also: Auch für mich ein Spitzenplatz im Ranking der Bibelsprüche für den 1. Johannesbrief: Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

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