SWR3 Gedanken

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Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand - ein frommer Spruch aus alten Zeiten. Ich höre ihn immer wieder bei verschiedenen Anlässen. Als Abschiedsgruß bei Bestattungen, als Mutmacher vor einem gewagten Vorhaben. Und - als Trost, wenn jemand was richtig vermasselt hat. Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.
Manchmal klingt dieser Trost zynisch. Wenn jemand einen Karrieresturz hinter sich hat, fühlt sich die Wirklichkeit nicht an wie Gottes Hand. Die Häme der anderen, die finanziellen Schwierigkeiten, der Prestigeverlust - unter Gottes Hand stelle ich mir was anderes vor.
In Tiefpunkte des Lebens kann ich langsam reinschlittern oder quasi über Nacht geworfen werden. Ganz egal - wenn ich ganz unten bin, tut erst mal alles weh.
Trotzdem finden Menschen dann doch immer wieder die Kraft weiter zu machen, weiter zu leben, der Krise zu trotzen, aufzustehen aus der Niederlage.
Meinen Bekannten Anton hat es vor drei Jahren erwischt: sein Betrieb ging pleite und innerhalb kürzester Zeit hat er alles verloren: Unternehmen, Verantwortung für 20 Angestellte, Gehalt, Sicherheit und dann ging auch noch die Ehe in die Brüche.
Er war gewohnt auf Parties im Mittelpunkt zu stehen, wichtig zu sein. Aber nach der Insolvenz wurde er nicht mal mehr auf einen Kaffee eingeladen. Talsohle.
Anton sagt heute über diese Zeit: „ich war echt ganz unten. Aber irgendwie war da eben noch was. Ich bin nicht ins Bodenlose gerutscht, sondern konnte auf dem ‚unten' stehen. Ich habe gelernt, dass ich tatsächlich ein Fundament habe auch ohne alle Businessfunktionen."
Anton ist kein religiöser Mensch, trotzdem hat er erfahren, dass ihn etwas trägt, selbst als er ganz unten war.
Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand - vielleicht ist der fromme Spruch aus alten Zeiten einfach nur wahr. Weil wir von allen Seiten von Gott umgeben sind, ob wir es glauben können oder nicht.

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