SWR3 Gedanken

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Anfang März war es soweit: Die erste Motorrad-Bestattung Deutschlands. D.h. der Sarg wurde nicht wie üblich mit einem PKW transportiert, sondern mit einem Motorrad-Gespann: eine schwarze Kawasaki mit Beiwagen. Der Beiwagen ist eine Sonderanfertigung: schwarz lackiert, an drei Seiten große Plexiglas-Scheiben und so groß, dass ein Sarg reinpasst. Die Jungfernfahrt zum Düsseldorfer Nordfriedhof löst bei den Passanten ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Ungläubige Blicke, Kopfschütteln und manche sind auch begeistert. Ein Autofahrer lässt sogar die Scheibe runter und ruft: „Tolle Sache!" Der Fahrer des Gespanns heißt Jörg Grossmann. 2009 war er bei einer Motorradbestattung in den USA dabei. 400 Harleys haben damals das ungewöhnliche Motorrad-Gespann begleitet. Für Jörg Grossmann ein Gänsehaut-Erlebnis. Und der Ansporn, so etwas auch in Deutschland durchzusetzen. Jetzt bietet er seinen Service über die örtlichen Bestatter für 1.200 Euro an. Jörg Grossmann fährt seit über 30 Jahren Motorrad. Er kennt die Leidenschaft, die viele Biker mit ihrem Gefährt verbindet. Er sagt: „Wenn ich zu Lebzeiten jede Fahrt mit dem Motorrad erledigt habe, warum nicht auch die letzte?" Für mich spiegelt das einen Trend wider: Der Trend hin zu individuelleren Bestattungen. Ich selbst halte auch Beerdigungen. Dabei erlebe ich immer wieder, dass es den Angehörigen gut tut, wenn bei der Trauerfeier etwas vom Wesen des Verstorbenen lebendig wird. Da wird noch einmal der Lieblingssong gespielt. Es wird ein Text gelesen, der dem Verstorbenen wichtig war. Oder jemand legt ihm seinen Tennisschläger auf den Sarg. Vom Verstorbenen wird etwas lebendig. Das ist auch die große christliche Hoffnung: Mit dem Tod ist nicht alles aus, denn Gott macht die Toten lebendig. Und was im Leben nicht geglückt ist, das vollendet er im Tod. Eine schwierige Vorstellung. Aber ich finde, alles was zum Begreifen hilft, darf bei einer Bestattung sein. Also auch das letzte Geleit mit dem Motorrad.

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