SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Timo Konietzka hat ein Leben hinter sich, das nicht ganz gewöhnlich ist: Er war Profifußballer, hat 1963 das erste Bundesligator überhaupt geschossen. Er war Trainer, dann auch Vertreter von Gesundheitsschuhen und schließlich Wirt im Gasthaus Ochsen am Vierwaldstättersee in der Schweiz. Vor zwei Wochen ist er im Alter von 73 Jahren gestorben. Und auch sein Tod war nicht gewöhnlich. Er hat abends um kurz vor sieben einen Giftcocktail getrunken.
Timo Konietzka hat zwei Herzattacken überstanden und hatte Gallenkrebs. Schon seit längerem stand für ihn fest: „Ich lege mein Ende nicht in Gottes Hände. Ich möchte nicht dahinsiechen und keinem zur Last fallen." Auch die Art, wie er sein Leben beenden wird, hatte er vor Augen: „Ich werde da liegen, meine Familie einladen, dann sage ich: Jetzt nehme ich den Schluck. Macht´s gut! Wir werden uns leider nicht wieder sehen." Wenn ich mir das vorstelle, wird mir ganz anders. Ich habe Mitgefühl mit dem kranken Menschen Timo Konietzka. Aber ich stelle mir die Situation auch grausam für die Angehörigen vor. Ein Haustier einschläfern lassen - das ist schon schlimm. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es sein muss, einen lieben Angehörigen wissentlich das letzte Mal zu umarmen. Auf der einen Seite habe ich Verständnis dafür, was Timo Konietzka getan hat. Wer will schon leiden, wer fällt anderen gerne zur Last. Auf der anderen Seite denke ich: Doch, wir haben das Recht, anderen zur Last zu fallen. Ich fände es problematisch, wenn ein gesellschaftliches Klima entsteht, wo kranke oder alte Menschen keinen Platz mehr haben. Die aktive Sterbehilfe mag in schlimmen Fällen der letzte Ausweg sein. Aber ich finde, jeder Fall schwächt die Position derer, die sich pflegen lassen, die Krankheit und Schmerzen aushalten, die Hilfe in Anspruch nehmen. Ich glaube, ich werde mein Leben und Sterben nicht einem Giftcocktail überlassen, sondern es vertrauensvoll in Gottes Hände legen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12763
weiterlesen...