SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wenn ich in einer Einbahnstraße merke, dass ich eigentlich in die andere Richtung will, habe ich ein Problem. Denn ich kann ja nicht einfach umkehren. Manchmal gibt es im Leben ähnlichen Situationen. Ich finde aus einer falschen Spur einfach nicht heraus, obwohl ich merke, dass sie nicht dorthin führt, wohin ich eigentlich will. Ich schafft es nicht, meine schlechten Gewohnheiten abzustreifen oder gerate immer wieder in dieselben zerstörerischen Beziehungsmuster. Mein Selbstwertgefühl  schwindet und ich beginne,  an mir zu verzweifeln. 
Moralische Appelle helfen da überhaupt nicht, aber Menschen, die einen in einer solchen Situation nicht aufgeben. Die sich nicht abschrecken lassen, auch wenn man wenig anziehenden wirkt. Im Gegenteil: sie suchen die Beziehung, nicht um einen zu verurteilen, sondern um die eigentliche Lebenssehnsucht wieder frei zu legen. Das neue Testament berichtet von einer solchen Erfahrung. Jesus kommt nach Jericho. Die Leute strömen  auf die Straße, um ihn zu sehen. Auch der Zöllner Zachäus will das Ereignis nicht verpassen. Alle kennen und verachten ihn, weil er stets zuviel Zoll verlangt und in die eigene Tasche wirtschaftet. Zachäus ist klein, also kletterte er auf einen Baum. Von da obern kann er alles gut beobachten, ohne selbst allzu sehr in Erscheinung zu treten. Als Jesus an diesem Baum vorbei kommt, bleibt er stehen und schaut zu Zachäus hinauf. Vielleicht spürt Zachäus in diesem Moment, dass er nicht nur klein gewachsen war, sondern auch in seinem Herzen klein und eng ist,  nur auf sich bedacht. Er hat ja nur sein Geld, sonst nichts. Ein armseliges Leben trotz des großen Hauses, das er besitzt. Da sagt Jesus zu ihm: „Zachäus, steig herunter vom Baum, heute noch möchte ich bei dir zu Gast sein." Zachäus ist fassungslos. Dass Jesus, dieser Gottesmann, sich ausgerechnet auf ihn einlässt und ihn nicht festlegt auf seine zweifelhafte Vergangenheit. Zachäus fühlt sich von Jesus angenommen, und diese tiefe Erfahrung verändert sein enges, kleines Ich. Künftig will er seinen Reichtum mit den Armen teilen und zurückerstatten, was er unrechtmäßig eingenommen hat. Jesus wollte ihm zeigen: so ist Gott. Gott geht den Sündern und den Verlorenen nach. Er sagt ja zu uns, auch wenn nicht alles zum Besten steht. Und diese Erfahrung machte es dem Zachäus möglich, sein Leben neu auszurichten. 
Für mich ist das eine frohe Botschaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12744
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