SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich mag Geschichten. Egal ob kurz oder lang. Hauptsache, sie haben eine gute Pointe. Einen Gedanken, der mich die Welt oder mich selber besser verstehen lässt.
Vielleicht ist es ja sogar so, dass wir überhaupt unser Leben in Geschichten verstehen. Erinnern wir uns an früher, dann erinnern wir uns an Geschichten, an Ereignisse, die uns wichtig geworden sind.
Heute am Weltgeschichtentag habe ich Ihnen eine Kurzgeschichte mitgebracht:
Friedrich von Bodelschwingh erzählt aus seiner Kindheit: „Als im Herbst das Obst reif an den Bäumen im Garten hing, hatte uns der Vater streng verboten, auf die Bäume zu klettern. Wir durften nur von den heruntergefallenen Früchten essen. Aber einmal hatte ich das Verbot doch übertreten und war heimlich auf einen Baum geklettert. Dabei zerriss ich mir unglücklich den Hosenboden. Heimlich schlich ich mich mit einem bösen Gewissen nach Hause. Dabei drehte ich mich immer so geschickt, dass keiner den Schaden entdecken konnte. Nach dem Abendbrot ging ich in mein Zimmer, besah dort erst richtig voll Entsetzen die zerrissene Hose und legte sie zuunterst auf den Stuhl, alle anderen Kleidungsstücke geschickt darüber. Dann kniete ich am Bett nieder, um mein Abendgebet zu sprechen: ‚Lieber Gott, ich bin heute ungehorsam gewesen. Vergib es mir doch und mach, dass morgen früh meine Hose wieder heil ist!' - In diesem Augenblick ging meine Mutter an der Kinderzimmertür vorbei, blieb einen Augenblick stehen und hörte mein Gebet.
Der erwachsene Bodelschwingh kann sich in die Mutter hineinversetzen. Er erzählt weiter: Als ich fest eingeschlafen war, nahm sie die zerrissene Hose und machte sie wieder heil. Dann legte sie die Hose so hin, wie sie unter dem Berg von Kleidern gelegen hatte. - Als ich am nächsten Morgen erwachte, war mein erster Griff nach der Hose. Welch ein Wunder, die Hose war wieder in Ordnung! - Ich weiß noch wie heute, dass dieses Erlebnis, wo Mutter ein Engel gewesen war, meinen Kinderglauben mächtig stärkte."
Ich kann mir vorstellen, wie erleichtert der kleine Junge damals war. Für ihn war klar: da hat Gott eingegriffen. Und das wird ihm geholfen haben, auch zukünftig auf Gott zu vertrauen.
Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen immer wieder einmal solch ein Engel in Ihrem Leben begegnet. Denn darin kommt Ihnen die Liebe und Zuneigung Gottes entgegen. Und wer weiß, vielleicht können Sie ja auch für andere Menschen zu so einer Art barmherziger Engel werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12726
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