SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Gott hat eine Schwäche für grundanständige Leute. Einer davon war in der Bibel Josef, der Ehemann von Maria, der Mutter Jesu. Er war mit Maria verlobt, als er merkte, dass sie schwanger war.
Das hat ihn vor ein großes Problem gestellt:
Die Verlobung war zu seiner Zeit schon rechtsverbindlicher Bestandteil der Ehe. Wenn ein Mädchen ein Geschenk eines Werbers annahm, war sie mit ihm verlobt. Trotzdem wohnte sie damit noch nicht in der häuslichen Gemeinschaft des Verlobten. Aber die beiden waren einander versprochen. Und wenn ein anderer mit der Verlobten schlief, war das Ehebruch.
Josef musst darum annehmen, dass Maria einen anderen (Mann) hatte. Josef, war einer, für den das Einhalten der Gebote wichtig war. Trotzdem wollte er das höherstehende Gebot der Nächstenliebe nicht aus den Augen verlieren.
Er überlegte sich also, wie er Maria und sich selbst am besten aus dieser misslichen Lage heraushelfen konnte.
Rein rechtlich hätte er sie verklagen und ihre Bestrafung fordern können. Als Tochter aus einer Priesterfamilie, wäre sie nicht nur gesteinigt sondern sogar verbrannt worden.
Als zweites hätte er sich von ihr scheiden lassen können. Dann wäre sie allerdings ihr Leben lang gezeichnet gewesen. Ihre Ehre wäre für immer angetastet gewesen.
Also dachte er, er verlässt sie heimlich. Denn dann hätten die härtesten Urteile nicht Maria sondern ihn getroffen. Alle hätten ihn für ungerecht gehalten, weil er sich schon von ihr scheiden lässt, noch bevor sie bei ihm wohnte und das Kind geboren hätte. Offenbar muss er Maria sehr geliebt haben, dass er sie so schützen wollte.
Trotzdem hätte auch diese Variante einen Haken gehabt:
Jesus wäre nämlich als uneheliches Kind auf die Welt gekommen.
Josef wollte einen Weg der Liebe gehen, der trotzdem Gottes Plänen entgegen lief.
Darum schickt Gott ihm im Traum einen Engel, der ihm sagt, dass das Kind vom Heiligen Geist ist und dass er Maria zu sich nehmen und sie heiraten soll. Gott schenkt dem anständigen Josef eine völlig neue Sichtweise.
Zugleich ist dies ist die einzige Lösung, die weder Josef noch Maria noch Jesus in Schande bringt.
Josef als grundanständiger Handwerker „adoptiert" sozusagen den Sohn Gottes. Er nimmt ihm gegenüber Vaterpflichten wahr. Jesus wird so das Kind einer einfachen Familie in Nazareth.
Eines will ich von Josef lernen: Es kann sein, dass ich es wirklich anständig meine. Und Gott sieht das auch. Aber es kann trotzdem sein, dass Gott einen anderen, einen besseren Weg für mich hat. Darum will ich ihm vertrauen und aufmerksam auf ihn hören und zu Veränderungen bereit sein.

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