SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Gehört Ihnen die Maus?" fragt ein junger Mann und tritt zu mir in den Vorgarten. Dort bin ich grade am Heckenschneiden. Lasse die Schere sinken, ein bisschen unwillig. Wie? Eine Maus?
„Ja, sagt er und zeigt auf die Straße. Ich glaub, die Maus hat was am Bein." Und tatsächlich, da hoppelt eine Maus auf drei Beinen mitten auf die Straße und bleibt sitzen. Mit Herzrasen. Meine Katze, eben noch unter der Hecke, stellt sich in Position. Du könntest das Problem lösen, denke ich und sehe zu, während der junge Mann ein Auto um die Maus rum dirigiert. „Wir können die Maus doch nicht ihrem Schicksal überlassen!" meint er. Da kommt schon ein Mädchen mit Schnuller im Mund angerannt und ruft: „Mami, Omi, guck mal, eine Maus!"-„Ja, aber nicht anfassen!" rufen die beiden und kommen näher.
Jetzt stehen wir also zu fünft vor der Maus. Mitten auf der Straße. In anderen Ländern lässt man Katzen und Hunde auf der Straße krepieren, denke ich. Und kümmert sich nicht mal um kranke Menschen. Und wir stehen hier zu fünft um eine Maus.
„Na, dann hol ich mal einen Schuhkarton, sage ich zu dem Mädchen und nehme meine Katze mit.  Der junge Mann zückt sein i-Phone und ruft das Ordnungsamt an. Nach einer Weile kommt er zurück und meint: die schicken die Feuerwehr vorbei.
Das Mädchen jubelt. Und wir warten aufs Feuerwehrauto, stellen uns derweil mal gegenseitig vor. Ach, Sie wohnen da drüben? Hab ich gar nicht gewusst. Interessant. Die Maus machts möglich.
Und dann kommt tatsächlich ein Feuerwehrauto. Der Feuerwehrmann nimmt die Maus samt Karton in Empfang. „Die setze ich im Feld aus, meint er. „Aber sie hat ein krankes Bein" sagt das Mädchen."-„ Na dann bringe ich sie ins Tierheim." Sprichts und fährt davon.
Was verrückt!  Nur wegen einer Maus.  Aber vielleicht haben wir einfach nur mal erleben dürfen, was das ist: Respekt vor dem Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12714
weiterlesen...