SWR3 Gedanken

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Und wie ist das mit der Ehre einer Frau? „Das ist schwer" sagt unsere muslimische Putzfrau. Seit Jahren ernährt sie allein ihre 4- köpfige Familie, der Mann ist krank oder tut nur so. Jedenfalls tut er nichts. Sie würde gern einen Beruf lernen, aber sie hat gelernt: Die Ehre einer Frau ist: unscheinbar bleiben. Unterm Kopftuch lächeln und Mund halten.
Die Ehre der Frau, hat meine Mutter im Dritten Reich gelernt, ist es, Kinder zu kriegen und dem Mann den Rücken frei zu halten. Ja, noch die Generation meiner Mutter hat nicht viel Anderes gelernt als unsere muslimische Putzfrau.
Das hat sich Gott sei Dank geändert. Ich durfte studieren und einen Posten besetzen, auf dem vorher nur Männer waren. „Wir trauen ihnen das zu." Haben meine männlichen Chefs gesagt. Und mir zu verstehen gegeben, ich solle es auf bewährte Weise tun. Eben auf der Männer Weise.
Worin aber besteht nun die Ehre einer Frau? Ich glaube, es ist da wie beim Mann. Die Ehre einer Frau besteht darin, dass sie eine Ehre hat. Einfach so.
Das hat sogar der Apostel Paulus vor 2000 Jahren erkannt.  Vor Gott, schreibt er sinngemäß, gibt es kein hierarchisches Gefälle zwischen Mann und Frau. Ob Mann ob Frau, Gott liebt die Besonderheit jedes Menschen. Liebt deren Talente und Begabungen. Gerade indem Mann und Frau einander in ihrer Verschiedenheit ergänzen, wird ein großes Ganzes draus.
Mich beflügelt das. Und macht mir Mut, ein Problem mal auf meine Weise zu lösen.  Und wenn Männer sich mal auf etwas Neues, Ungewohntes einlassen, freue ich mich. Und bin gespannt zu erleben, wie Männer an die Probleme rangehen, die jetzt auftauchen. Wie sie mit ihren Ideen meine Ideen ergänzen.
Und das wünsche ich auch meiner muslimischen Putzfrau. Dass sie ihr Talent ausprobiert und was Neues versucht. Ja, das ist schwer und ungewohnt, erst mal. Aber es ist wunderbar. Es ist das Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12713
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