SWR3 Gedanken

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Es gibt Leute, die haben über 3000 Freunde. Im Internet, auf Facebook zum Beispiel.
3000 Freunde, was ein Gefühl! Allerdings: das Gefühl täuscht ein bisschen. Weil man in einem social network eigentlich keine „friends"  hat, sondern „follower". Also Leute, die einem folgen, gedanklich, mit Ideen, Projekten oder Spielen. 3000 „Gefolgsleute" wäre also korrekter. Hört sich aber militärisch an und stimmt dann halt wieder nicht.
Also Freunde. Schwierig, schwierig, wenn man erfolgreich ist und Macht hat.  Wie zB. unser Ex- Bundespräsident. Der hat ja gedacht, all die Leute, die ihm so freundlich folgen und Hilfe anbieten, die wären Freunde gewesen. Viele davon waren aber „Follower", sie wollten nicht in seiner Nähe sein, sondern in der Nähe seiner Macht. Ideen teilen, Netzwerke bilden, bei uns in Mainz nennt man so was  auch „Handkäsmafia".
Freund und Follower sollte man unterscheiden können. Dann ist man auch nicht enttäuscht, wenn „Freunde" verschwinden in der Not. Weil ja nicht die Freunde verschwunden sind, sondern nur die „Follower".
Was ist ein Freund? Jesus sagt, ein Freund, das ist einer, der sich mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln lässt. Nicht etwa, weil der Störenfried in Lebensgefahr ist, nein, weil er sich bei ihm Essen ausleihen will. Weil ein Gast aufgetaucht ist mit Hunger und er kein Brot hat. Und das soll er jetzt bitteschön ihm geben. Und was macht ein Freund? Er steht auf, schimpft wie ein Rohrspatz, beruhigt die aufgeweckten Kinder und gibt dem Freund, was er braucht. Einfach so.
Hingabe, das ist das Zauberwort. Hingabe ist, was einen Freund von einem Follower unterscheidet. Hingabe, um dem Anderen was Gutes zu tun. Einfach so. Das ist ein Freund. Meint Jesus.
Und jetzt überleg ich mir: von wem würde ich mich mitten in der Nacht so unverschämt wecken lassen?

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