SWR3 Gedanken

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Reden wir doch mal über Ehre. Über Männerehre. Seit der Debatte um den „Ehrensold" ist das Wort ja wieder in. Ein Wort aus der Welt des Militärs. Kein Zufall. Auf dem so genannten „Schlachtfeld der Ehre" haben früher viele Männer ihr Leben gelassen.  Heute sind die Schlachtfelder eher in den Büros und überall, wo Männer ihre Siegestrophäen „mein Haus, mein Auto, mein Boot" vor sich her tragen. Aber ist das Männerehre? Für mich nicht.
Jesus ist mal in eine ganz spannende Männergeschichte geraten. Damals hing die Ehre eines Mannes vor allem von seiner Frau ab. Wie heute noch in manchen muslimischen Ländern. Da ist eine Frau Besitz des Mannes. Läuft sie weg oder geht fremd, dann hat er nicht nur eine Arbeitskraft verloren, sondern auch seine Ehre. Und stellt er die nicht wieder her, dann hat er in der Männergesellschaft geloost.
Also kommt eine aufgebrachte Männerhorde bei Jesus vorbei mit einer Frau im Schlepptau. Die ist fremdgegangen und deswegen muss sie gesteinigt werden. Wegen der Ehre. Wegen der Ordnung. Und jetzt wollen sie von Jesus, dass er seinen Segen dazu gibt.
Jesus aber- typisch Mann- sagt erst mal nix. Die Männer warten und warten und die Frau weint. „Wer von euch ohne Schuld ist, sagt Jesus schließlich, der werfe den ersten Stein." Die Männer bleiben wie erstarrt stehen, lassen nach und nach ihren Stein fallen und gehen. Verzichten auf ihre Genugtuung, auf ihre Ehre. Warum?
Ich glaube, sie haben an Jesus gesehen: man kann ein Mann sein ohne für seine Ehre zu kämpfen. Ohne rumzugockeln. Ehre erkämpft man sich nicht, Ehre hat man. Weil man schon wertvoll ist. Vor Gott jedenfalls.
Das zu sehen macht frei.
Frei, um über sich selber nachzudenken. Bin ich gerecht? Bin ich hilfreich? Muss ich an mir arbeiten? Starke Fragen für starke Männer. Finde ich. Wenn wir schon mal über Ehre reden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12711
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