SWR3 Gedanken

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Es ist schon fast vierzig Jahre her - Wehrpflicht hieß es.
Junge Männer mussten zum Bund, damals noch für zwei Jahre;
wer den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern wollte, wie das hieß,
der musste vor einem PrüfungsAusschuss beweisen,
dass tatsächlich sein Gewissen ihn am Wehrdienst hindert.
Ich wollte erzählen, warum ich nicht lernen will,
wie man andere Menschen tötet - auch nicht zur Selbstverteidigung.

Ich hatte mich auf die Bibel berufen und auf die Jesus-Botschaft;
dass sie mir verbietet, zu töten oder
irgendetwas mit der Waffe in der Hand zu verteidigen.

Die Sitzung schien gelaufen, dachte ich, aber da
kam der Schlussangriff des Vorsitzenden:
Sagen se mal, das steht doch auch in der Bibel:
dass Jesus in den Tempel geht und da sieht er die Händler
und die Geldwechsler, die Bankgeschäfte treiben;
und Jesus wird wütend und macht sich eine Peitsche
und vertreibt die Händler und die Banker und
schmeißt ihre Tische um und lässt die Vögel aus den Käfigen fliegen...
Auf diesen Jesus berufen Sie sich doch - oder? War das da etwa gewaltlos?

Ui, kam ich da ins Schleudern! Aber ich habe mich herausgeredet:
Dass das nur so erzählt wird in der Bibel,
um zu zeigen, wie ernst Jesus das meint:
Dass eben der Tempel GOttes Haus ist und nur zum Beten bestimmt.
Also nicht historisch, diese Szene...
Naja - meine Gewissensgründe sind jedenfalls anerkannt worden.

Heute wäre ich mutiger. Ja, Jesus geht da mit Gewalt zu Werke; maßlos. 
Er macht mit dieser Aktion einfach ganz klar,
was geht und was nicht geht im Tempel und im Glaubens-Leben.
Dass GOtt unabhängig ist vom Geschäft;
ein Gegner der wirtschaftlichen Zwänge und Abhängigkeiten.
Radikal macht Jesus klar, dass GOttes Zuwendung nicht käuflich ist -
für Reiche so wenig wie für Arme.
Auch der gewaltlose Jesus war alles andere als ein butterweicher Softie.
Beim Prüfungsausschuss wäre er vielleicht gescheitert;
auf die Dauer bleibt es aber dabei: von Jesus lernen heißt Frieden lernen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12674
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