Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Manchmal werde ich nachts wach und kann nicht verhindern, dass die Gedanken zu kreisen beginnen. Dann werden plötzlich aus kleinen Aufgaben, die ich noch zu erledigen habe, unüberwindlich schwierige Probleme. Am nächsten Morgen - gesetzt den Fall ich erinnere mich noch - ist alles wieder aufs rechte Maß zurecht gestutzt. Seltsam, oder? Gar nicht seltsam, sagen die Psychologen, die sich mit diesen Phänomenen auskennen. „Grübeln" sagt man in Deutschland dazu. Das heißt, man kann einen einmal gefassten Gedanken nicht mehr los lassen, man gräbt immer tiefer in der Problematik herum und findet kein Ende. Grübeln kommt auch vom Wort „graben", aber man gräbt quasi ins Leere und findet keine Lösung.  Zum Beispiel Sätze wie „Kann ich nicht", „Ich doch nicht", „Bringt doch alles nichts". Wer sich das lange genug vorsagt, der glaubt irgendwann wirklich daran.  „Rumination" sagen die Engländer heute noch dazu: das heißt  auf deutsch „wiederkäuen". Stimmt genau. Es kommt immer wieder hoch, ist und bleibt leider unverdaut, man wird es nicht mehr los.  Der Arzt einer therapeutischen Klink sagt zu seinen Klienten, die ihm dauernd mit solchen Sprüchen kommen: „Deine Worte sind dein Leben.  Und deine Worte machen dich krank." Über 600 negative Sprüche für Grübler hat ein alter Wüstenmönch (Evagrius Ponticus)  bereits im 4ten Jahrhundert gesammelt und als Heilungsmethode geraten, gute Sprüche der Bibel dagegen zu setzen und über diese nachzudenken. Ja, ich weiß, es gibt das Negative und das bekomme ich auch mit positivem Denken nicht einfach aus der Welt. Aber es gibt eben beides, das halb leere und das halb volle Glas. Beides hat seinen Platz im Leben. Also könnte man es heute doch einmal probieren und anstatt  "Ich habe Angst", oder "Da blamiere ich mich", oder "Was denken denn die anderen von mir" mal den Psalm 118 der Bibel im Kopf spazieren tragen: "Der Herr ist mit mir, ich fürchte mich nicht, was können Menschen mir antun?"  (Ps118,6) Grübeln Sie mal drüber nach!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12598
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