SWR2 Wort zum Tag

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Ich wäre gerne reich. Ich wäre gerne reich an Zeit, an Freundinnen und Freunden, an Begabungen, an Momenten des Glücks, an Erfahrungen, dass etwas gelingt, wofür ich mich eingesetzt habe. Über dieses Reich-Sein, über inneren Reichtum, kann man dann reden, wenn die Versorgungs- und Ernährungslage kein Thema mehr sind. Wenn geklärt ist, dass alles da ist, was zum Leben notwendig ist. Dann aber ist diese Frage entscheidend: die Frage nach dem wirklichen Reichtum. Davon erzählt eines der bekanntesten Gleichnisse Jesu: von dem reichen Mann, der nach der Ernte neue Vorratsscheunen baut. Er verzichtet auf alles Schöne, müht sich ab, verschiebt sein Zufriedensein und sein Leben auf später, wenn er reich genug und das alles fertig ist. Da erinnert ihn Gott daran, dass er sein Leben nicht seinen „Lieber-Später-Planungen" anpassen kann. Denn das Leben ist ihm von Gott geschenkt. Wenn er hortet und rafft und dabei sein Leben versäumt, dann vergeudet er dieses Geschenk, den Reichtum, den Gott ihm mitgegeben hat. Jesus kommentiert das Gleichnis mit dem Hinweis: Am Ende kommt es im Leben nicht auf die vollen Scheunen, sondern auf das Reich-Sein bei Gott an. Dabei ist von materiellen Gütern durchaus auch in der Bibel die Rede. Die Bibel kennt den Umgang mit Geld, die Währung und Ware Geld: Abraham will damit Sara aus der Gewalt des ägyptischen Pharao freikaufen. Joseph testet seine Brüder auf ihre Geldgier hin. Das Goldene Kalb wird aus dem wertvollen Goldbesitz der Israeliten zusammengeschmolzen. Im Tempelschatz finden sich Silberlinge und Münzen. Die Talente, die im Gleichnis ein Mann seinen Knechten anvertraut, sollen wachsen und sich mehren lassen. Keine Frage: Geld gehört auch in den biblischen Warenaustausch, die Versorgung mit materiellen Gütern ist notwendig. Zweierlei ist doch dabei klar: Mit Geld muss gerecht umgegangen werden. Und: Man kann nicht zwei Herren zugleich dienen: Gott und dem Geld (Luk 16,13). Das ist der Maßstab zum Umgang mit materiellem Reichtum. Denn der Geldaustausch ist zwar notwendig in der materiellen Welt, aber er schenkt nach biblischem Verständnis keinen Sinn. Was einen reich macht in Gottes Augen, muss man nicht horten. Denn dieser Reichtum ist uns geschenkt: ein Reichtum an Gaben und Begabungen, an Begegnungen und Erlebnissen mit anderen, einen Reichtum an Lebenszeit und an Aufgaben, an Glück und an Freude. - Ich bin reich.

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