SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Kritik gehört zum Leben. Je mehr jemand in der Öffentlichkeit steht, umso mehr ist er der Kritik ausgesetzt. Auch unsere Politiker. Nicht nur die politische Fastnacht lebt von der Kritik. Auch Kabarettisten und Journalisten.
Natürlich passiert es mir auch, dass Menschen mich kritisieren. Dann ärgere ich mich vielleicht, aber wenn der Ärger verraucht ist, denke ich drüber nach. Und meist steckt ja auch in jedem kritischen Wort mindestens ein Körnchen Wahrheit.
Etwas ganz anderes aber ist es mit der leisen oder halblauten Kritik. Wer „hintenrum" kritisiert, der scheut die öffentliche Auseinandersetzung. Sei es aus Feigheit oder Berechnung oder weil er weiß, dass er die Unwahrheit sagt. Diese Art von Kritik finde ich scheußlich. Und sie ist nicht nur hässlich, sondern gefährlich. Nämlich dann, wenn Menschen nicht nur zu unrecht kritisiert, sondern regelrecht verleumdet werden. Auf diese Weise räumt man Menschen aus dem Weg, die hinderlich sind. Vernichtet ein Leben. Verleumdung gab und gibt es zu allen Zeiten. „Ich quälte mich es auszuhalten, und konnte nicht; hörte ich doch das Flüstern der Vielen." Diese Worte stammen nicht etwa von heutigen Opfern. Sondern aus dem siebten Jahrhundert vor Christus, von dem Propheten Jeremia: „Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen. Meine nächsten Bekannten warten darauf, dass ich stürze." (Jer 20,9-10) Es sind erschütternde Worte. Sie spiegeln die infame Bosheit der Verleumder. Und die Hilflosigkeit des Opfers. Die Gründe für solche Verleumdung sind vielfältig. Ob sie die Auflagenzahl erhöht und die Quote steigert, oder ob es den Urheber der Verleumdung einfach nur wichtiger machen soll. Verleumder haben oft ein so dickes Fell, dass sie gar kein Schuldbewusstsein entwickeln. Über solche Gemeinheit und Stumpfheit tröstet uns der Prophet Jeremia: „Der Herr prüft den Gerechten, er kennt Herz und Nieren. Er rettet das Leben des Armen aus der Hand der Übeltäter." Jesaja wusste sehr genau, wovon er sprach. Aber er ruft uns ganz eindrücklich über die Jahrhunderte hinweg zu: „Euer Herz soll nicht verzagen. Fürchtet euch nicht vor dem Gerücht, das man im Land hört." (Jer 51,46)
Auch Jesus wurde das Opfer von Verleumdung und falschen Zeugen. Davon erzählen Palmsonntag und Karfreitag. Aber nach dem Karfreitag folgt Ostern. Die Wahrheit siegt. Damals wie heute.

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