SWR2 Wort zum Tag

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Schonhaltungen machen krank, zum Beispiel wenn man Schmerzen auf Dauer ausweicht. Ich glaube aber, auch allzu großes Selbstbewusstsein ist Ausdruck von Schonhaltung. Man richtet sich ein in dem Glauben: Ich bin anderen überlegen und ich lasse die angeblich Unterlegenen auch meine Macht spüren. Diese Schonhaltung macht krank, indem sie Menschen verhärtet. Ich glaube es gibt sie in der Politik, im Berufsleben und in privaten Beziehungen.
Die Bibel erzählt im Alten Testament exemplarisch von so einem mächtigen, selbstbewussten Mann. Äußerlich sichtbar wird seine Machtkrankheit als er schwer hautkrank wird. Die Haut wird sklerotisch, unsensibel. Sie kann nicht mehr atmen. Der lebenswichtige Stoffwechsel ist gestört. Die Krankheit der Haut zeigt sein Inneres: Allzu selbst- und machtbewusst und hart.
Naaman - so heißt der Mann - ist General. Er hat sich hochgearbeitet. Er glaubt an sich. Und glaubt einen Gott an seiner Seite, der einen mit Erfolg belohnt.
Das ist die Schonhaltung der Mächtigen und allzu Selbstbewussten: „Ich bin oben, die anderen unten, zu Recht und so soll es bleiben."
Wieso Schonhaltung? Vor welchem Schmerz will man sich schonen, wenn man so denkt?
Ich glaube, man will nicht wahrnehmen, wie brüchig dieses „Ich bin überlegen" ist. Man weigert sich, „die unten" als Menschen zu sehen, die so viel wert sind wie ich selbst. Und man schont sich vor der Erkenntnis, dass leisten können etwas ist, das man Talenten verdankt, die einem geschenkt wurden. Oder besseren Lebenschancen, die einen verpflichten, etwas zurückzugeben.
Die biblische Geschichte erzählt, wie Naaman gesund wird:
Der erste Schritt ist die Krankheit. Sie macht seine innere Krankheit sichtbar und sie knickt seine Karriere.
Und der viel größere Schritt:
Naaman will wieder gesund werden. Er hört von Elischa, einem Gottesmann in Israel. Sucht ihn auf und wird von ihm gedemütigt - wie er findet. „Steig hinunter ins Wasser des Jordan und wasch Dich", sagt Elischa. „Was soll das", empört sich Naaman. Heilung hat er sich anders vorgestellt.
Am Ende steigt Naaman doch vom hohen Ross und taucht unter. 7 mal. Ohne Uniform der Macht. Nackt. So wird Naaman gesund, ein neuer Mensch.
Er erfährt einen Gott, der zu den Schwachen und Kranken und Verzweifelten hält, einen gnädigen Gott. Dieser Gott schont und erhebt die Schwachen und die Mächtigen und allzu Selbstbewussten heilt er, wenn sie ihn lassen.
Ich glaube, diese Geschichte will sagen: Es ist eine Befreiung, wenn ich nichts „Besseres" sein muss als andere. Wenn ich Menschen begegne als das was sie sind, Menschen wie ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12465
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