SWR2 Wort zum Tag

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Erstmals erkennen die christlichen Kirchen in Deutschland wechselseitig formell die Gültigkeit ihrer Taufen an. Kardinal Karl Lehmann und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, haben am vergangenen Sonntag im Magdeburger Dom gemeinsam mit Vertretern von neun weiteren Kirchen eine entsprechende Erklärung unterzeichnet. „Trotz Unterschieden im Verständnis von Kirche besteht zwischen uns ein Grundverständnis über die Taufe“, heißt es in dem gemeinsamen Dokument. Und: „Diese wechselseitige Anerkennung der Taufe ist Ausdruck des in Jesus Christus gründenden Bandes der Einheit.“
In mir hat diese Nachricht eine zweifache Reaktion ausgelöst. Das ist so selbstverständlich und überfällig – habe ich gedacht –, weshalb bedarf es dieses öffentlichen Events? Andererseits: Gerade weil es so selbstverständlich und überfällig sein müsste und doch offensichtlich nicht ist – wie wunderbar, dass dieser Schritt endlich vollzogen ist! Ich habe mich – erlauben Sie die persönliche Anmerkung – auch daran erinnert, dass unsere Familie im Jahr 1958 zur katholischen Kirche konvertiert ist. Und ich weiß noch heute, wie irritiert meine Eltern waren, dass bei der Feier der Aufnahme in die katholische Kirche unsere Taufe erneuert wurde. Wie gut, wenn solche Verletzungen nicht mehr nötig sind.
Zurück zu den größeren Zusammenhängen. Der Magdeburger Dom, der älteste gotische Dom nördlich der Alpen, ist ein denkwürdiger Ort. Sein Taufstein stammt vermutlich aus der Zeit um das Jahr 1000 und ist also älter als die Spaltung der Kirchen des Ostens und des Westens im Jahr 1054. Der Dom gibt aber auch Zeugnis von schlimmen Gräueln, die sich in den Glaubenskriegen nach der Reformation zugetragen haben. Die Kirchenspaltungen sind eine Katastrophe, deren politische Folgen Europa bis heute zerreißen. Und Europa wird keinen Frieden finden, wenn sich die Kirchen nicht versöhnen.
„Wer glaubt und sich taufen lässt, der hat das ewige Leben“, sagt die Bibel. Von konfessionellen Abgrenzungen ist da nicht die Rede – wohl aber von der Einmaligkeit Jesu Christi, auf dessen Namen alle getauft sind, die an ihn glauben. Er verheißt ewiges Leben. Er verheißt auch Leben diesseits der Ewigkeit: Versöhnung, Verstehen, Gewaltlosigkeit, Frieden. Ich verstehe und begrüße die gegenseitige Anerkennung der Taufe zwischen den christlichen Kirchen in Deutschland als ein Zeichen der Versöhnung in Christi Namen – Zeichen einer Versöhnung, die viel mehr verbinden will als die zersplitterten christlichen Konfessionen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1246
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