SWR2 Wort zum Tag

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Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. So kann man es auf einer Anmerkung lesen, die König Friedrich II von Preußen an den Rand einer Eingabe geschrieben hat. In ihr ging es um die Frage, ob man die römisch-katholischen Schulen wegen ihrer Unzuträglichkeit nicht wieder abschaffen sollte. Der König war nicht dieser Meinung. Er schrieb: Die Religionen müssen alle toleriert werden. Man muss nur das Auge darauf  haben, dass keine der anderen Abbruch tut. Denn hier muss jeder nach seiner Fasson selig werden. Friedrich II wurde heute vor 300 Jahren geboren. Den Beinamen der Große hat er vor allem seinen militärischen Erfolgen zu verdanken, für uns nicht mehr so leicht nachvollziehbar. Aber in seiner Regierungszeit und durch ihn hat sich doch auch Manches angebahnt, was für das Leben und Zusammenleben in einem Staat große Bedeutung erhalten sollte: Man kann an seinen Versuch denken, die Leibeigenschaft und die Folter abzuschaffen, an den Bau von Schulen, in denen allerdings wenig geeignete Kriegsveteranen unterrichteten, besonders aber an die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten und Einwanderern wie Hugenotten und Katholiken. Wobei dies allerdings in seinem durch die Kriege ausgebluteten Land nicht nur uneigennützig geschah. Er war ein absolutistischer Herrscher, aber immerhin einer, der unter dem Einfluss der Aufklärung für einen toleranten Umgang mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen eingetreten ist. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden!
Lange habe ich diesen Satz nur negativ verstanden und gemeint, er sei dem christlichen Glauben nicht gemäß: Wenn alle Religionen und Glaubensüberzeugungen gleich gültig sind, ist es dann nicht gleichgültig, was ich oder ob ich überhaupt etwas glaube?  Sollen Christen aber nicht ihren Glauben bekennen, ihn Anderen gegenüber vertreten? Ja, das ist so. Wenn ich im Glauben an Gott Kraft für mein Leben im Alltag gefunden habe, werde ich, auch wenn ich manchmal zweifle und mir das Vertrauen auf Gott schwer fällt, an dem, was mir hilft, festhalten und auch von ihm sprechen wollen. Das schließt aber gerade nicht aus, Menschen mit anderen Überzeugungen und einem anderen Glauben anzunehmen, ihre Würde zu achten und zu verstehen suchen, was sie glauben und wie der Glaube ihr Leben bestimmt. - Dass Beides möglich ist, dass ich meinen Glauben leben kann, Andere aber das gleiche Recht haben und sich Menschen unterschiedlicher Überzeugungen in Freiheit begegnen können, dafür hat der Staat zu sorgen. Für ihn und seine Ordnung gilt tatsächlich: Jeder soll nach seiner Fasson selig werden!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12370
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