SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Manchen Menschen sieht man an, was sie begeistert. Ihr Gesicht strahlt das aus. Als stünde ihnen das, was sie erfüllt, ins Gesicht geschrieben.
Konrad Zuse, der Erfinder des Computers, wurde einmal gefragt: „Glauben Sie, dass die Computer dem Menschen immer mehr gleichen werden?"
Seine Antwort war: „Im Gegenteil. Ich fürchte, dass die Menschen dem Computer immer ähnlicher werden."
Ich glaube, Konrad Zuse hat recht. Das, was einen Menschen berührt, steht ihm im Gesicht geschrieben. Ich kenne Erzieherinnen, die sehen viel jünger aus als sie sind. Vielleicht hält der Umgang mit Kindern sie jung. Vielleicht die Art wie Kinder denken oder sich verhalten.
Ich denke nicht, dass das auch im umgekehrten Fall stimmt: Dass Menschen, die sich den ganzen Tag mit Ärgerlichem abgeben oder mit Düsterem, deswegen hässlicher aussehen. Denn wenn sie ihre Arbeit als segensreich empfinden oder nützlich und wenn sie sie gerne tun, bildet sich das in ihrem Gesicht ab: Ihre Fähigkeit, mit liebevollem Blick die Dinge anzuschauen.
In der Bibel heißt es (1. Joh 3, 2 Basisbibel): Ihr Lieben, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir einmal sein werden, ist noch gar nicht sichtbar. Wir wissen jedoch: Wenn es sichtbar wird, werden wir Gott ähnlich sein. Denn dann werden wir ihn sehen, wie er wirklich ist.
Eines Tages Gott ähnlich sehen! Der Verfasser des Johannesbriefes in der Bibel hält das für möglich. Ich denke, manchen Menschen sieht man das sogar heute schon ein bisschen an, dass es ihnen gelingt. Sie strahlen Güte aus, weil sie Gottes Güte für sich spüren. Oder jemand hat sich in die Schönheit der Schöpfung eines Gartens, eines Wasserfalls vertieft. Einer hat vielleicht den weiten Ausblick von einem Berg genossen und Gott dem Schöpfer dabei Danke gesagt. Und das Staunen oder die Dankbarkeit bleiben ihm wie ein Leuchten ins Gesicht geschrieben.
Ich weiß, es geht nicht, dass wir nur das Schöne, Reine, Heile betrachten. Die Welt ist nicht so. Und es ist auch nicht möglich, immer gute Miene zum bösen oder schwierigen oder hässlichen Spiel zu machen.
Aber wir sollten vielleicht dafür Sorge tragen, dass wir für alles Hässliche, Schmutzige, Unheilvolle, was wir notgedrungen ansehen, zum Ausgleich etwas Versöhnendes schauen, vielleicht nicht mal nur unbedingt mit den Augen sondern auch mit unserem Inneren: Eine Blume, ein Gedicht, ein Lied, ein Gebet.
Damit wir nicht dem Dunklen und Traurigen im Leben ähneln, sondern unserem Schöpfer.

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