SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Am 18. Januar 1529 wurde der erste evangelische Katechismus herausgegeben.
Im Katechismus sind die wichtigsten Texte des Glaubens abgedruckt und erklärt: Taufe, Abendmahl, die zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis. Martin Luther hatte sich viele Gedanken gemacht, wie er Menschen den Glauben so vermitteln kann, dass sie vor allem eines begreifen: Um mit Gott in Kontakt zu kommen, brauchst du keinen Vermittler, keinen Priester und keine Heiligen. Du brauchst auch keine Kirche; wo zur damaligen Zeit vor allem Latein gesprochen wurde, das nur die Gelehrten verstanden. Luther predigte dagegen: Du selbst kannst dich direkt an Gott wenden, in deiner Muttersprache und zum Beispiel mit den Worten des Gebets, das Jesus uns gegeben hat: Das Vaterunser.
Seither mussten Generationen von Konfirmanden die Texte dieses kleinen religiösen Lehrbüchleins auswendig lernen: Viele haben sich vermutlich schwer damit getan. Sie fanden die Texte schwierig und hatten wenig Lust aufs Auswendiglernen.
Martin Luther hat das damals offensichtlich schon geahnt und hat deswegen sogenannte Katechismuslieder geschrieben. Lieder über die Themen in seinem Lehrbuch.
Die Christen sollen z.B. das Vaterunser oder das Glaubensbekenntnis auswendig können und sie sollen auch inhaltlich verstehen, was sie da sprechen, hat sich Luther gedacht. Deshalb hat er Lieder geschrieben, die die Texte des Katechismus erklären und lernen helfen. Denn wer einen Text singt, der lernt ihn viel leichter.  Und manches, was ich beim ersten Singen vielleicht noch nicht begreife, kapiere ich dann, wenn ich es immer wieder und wieder singe.
Martin Luthers Methode war sehr erfolgreich, sodass die Lehrer seiner Zeit sie übernahmen. Einer berichtet einmal ganz begeistert darüber:
„Ich hatte mich mit nur wenigen Knaben fast ein ganzes Jahr abgemüht; --- kaum das Vaterunser hatten sie gelernt.
Jetzt prägen sie sich durch Singen das Glaubensbekenntnis und die zehn Gebote --
in wenigen Stunden -- exakt ein.
Ganz entzückt über die Anregung und das Leben, welches der Gesang in die Zuhörer bringt, kehren unsere Katechisten jeden Sonntag ins Kolleg zurück."
Auch wenn die Methode nun schon fünfhundert Jahre alt ist: Sie funktioniert noch heute! Und ich stelle vergnügt fest, wie meine Konfirmanden moderne Glaubenslieder nach dreimal singen auswendig können. „Herr, dein Name sei erhöht"[1] ist zum Beispiel ein modernes Lied zum Glaubensbekenntnis, das sie sehr mögen.
Singend und gut gelaunt gehen sie nach Hause, wenn wir das gesungen haben. Und ich zwinkere in Gedanken Martin Luther zu und freue mich über seine prima Pädagogik.


[1] „Herr, dein Name sei erhöht"  bzw. „Lord, I lift your name on high" Text und Musik von Rick Founds Nr 284 in: „Durch Hohes und Tiefes" Gesangbuch der Evangelischen Studierendengemeinden in Deutschland  Strubeverlag München 2008

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12334
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