SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Gottes Gesicht leuchtet mich an. Was für eine wunderbare Vorstellung: Dass Gott mich anschaut!
Einmal saß ich einem Straßenzeichner Portrait. Er zeichnete mit geschickter Hand und geübtem Auge innerhalb von wenigen Minuten ein Bild von meinem Gesicht. Dazu musste er mich sehr genau betrachten.
Ich weiß noch wie heute, dass mich diese intensive Art angeschaut zu werden gleichzeitig verlegen gemacht hat und mir gut getan hat.
Dass jemand jeden Zug des Gesichtes studiert - das tun sonst nur Verliebte. Oder eben ein Maler, ein Zeichner, der genau alles erfassen will, was das Gesicht wieder erkennbar abbildet. So betrachtet zu werden, so genau das eigene Gesicht studiert zu bekommen, das ist ein intensives Erlebnis. Das war mir vorher gar nicht bewusst. Es hat mich bis heute beeindruckt.
Angeschaut werden - das ist bei den Menschen manchmal schon aufregend. Noch viel mehr ist das so, wenn ich mir vorstelle, dass Gott mich anschaut.
Wie, mit welchen Gefühlen einen jemand anschaut, das zeigt sich im Gesicht. Deshalb erzählt die Bibel auch vom Angesicht Gottes.
In der alten Segensformel, die Aaron vor mehr als 3000 Jahren verwendet hat, heißt es: „Der Herr segne dich und behüte dich, er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, er hebe sein Angesicht auf dich und schenke dir seinen Frieden." Fast jeder Gottesdienst, den wir feiern, endet auch heute noch mit diesem Bibelwort.
Angesehen zu werden tut gut. Dass Gott mich ansieht, gibt mir das Gefühl, beachtet zu werden, wahrgenommen zu werden, geachtet zu sein. Ich bin ihm wichtig.
Und mehr noch: Gottes Blick ist so wohltuend, dass ich ihn wie ein Leuchten über meinem Leben spüre. Selbst wenn er sich Sorgen macht über mich. Auch dann sagt mir sein Blick: Ich meine es gut mit dir. Das Leuchten Gottes macht es mir selber leicht, die Dinge neu und gütig zu betrachten.
Wenn ich mir klarmache, wie das Gesicht Gottes mich anleuchtet, wie es in dem Segensspruch heißt, dann wird es hell in meinem Leben. Ich fühle mich geliebt. Und kann deswegen selber freundlich auf mein Leben schauen. Etwas von dem Leuchten aus Gottes Angesicht spiegelt sich wider in meinem Gesicht und in den Dingen, die mein Leben ausmachen.

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