Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Seit 4 Monaten darf ich es noch einmal machen. Ich schiebe wieder einen Kinderwagen. Weil mein erstes Enkelkind geboren ist. Als Vater habe ich das früher auch schon gekonnt, aber ich kann sagen:
Als Großvater ist das nochmal ganz was anderes. Da braucht man einen ganz anderen Kinderwagen - Führerschein. Und das ist großartig.
Noch einmal habe ich die Chance zum Anschieben des Lebens.
Dieses Wunder hat Hand und Fuß und kommt direkt aus der Werkstatt des Schöpfers und es verzaubert mich.
Also fahre ich wieder darauf ab und schiebe das neue Leben mit an, so gut ich kann. Noch ist das kleine Mädchen vor allem bei sich, spricht mit mir noch nicht über meinen Fahrstil und mögliche Ausflugsziele direkt, es schaut zwar so ganz interessiert ist aber vorerst noch sehr zurückhaltend im Beurteilen der Lage.
Sie ist da und erwartet das Leben. Und wir teilen es, ohne viel mitzuteilen. Das entwickelt sich einfach laufend vorwärts und läuft bis jetzt wunderbar rund.
Wenn ich zwischendurch noch Zeit habe, gehe ich meiner zweiten Nebenbeschäftigung nach. Ich schiebe nämlich meinen alten Vater im Rollstuhl. Wir fahren immer denselben Weg.
Und er sagt immer dieselben Sätze. Manchmal auch nicht. Zuletzt immer weniger. Und er weiß gar nicht mehr so wirklich, wer ich bin und was wir machen und wo und wann.
Er ist inzwischen ganz aus der Zeit gefallen. Für ihn ist scheinbar alles gleich, gleichzeitig, gleich gültig. Altes Kind; junges Kind.
Zwischen Kinderwagen und Rollstuhl also fährt das Leben dahin, so scheint es mir. Und dieser Kreislauf des Lebens, der bewegt und berührt mich gerade. „Alles hat seine Zeit" sagt die Bibel weise:
Geboren werden und Sterben,
Lachen und Weinen,
Lieben und Leiden,
Kommen und Gehen...
Das ist so - das ist so unglaublich wahr.
Da lässt sich nichts aufschieben. Da bleibt mir nur eines, egal ob mit Kinderwagen oder Rollstuhl unterwegs: Vertrauen!
Vertrauen auf Gott, der alles ins Rollen bringt. Und ich kann nur beten und sagen:

„Ausgang und Eingang,
Anfang und Ende,
liegen bei Dir Herr,
füll Du uns die Hände!„

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