SWR3 Gedanken

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So richtig winterlich ist es für mich, wenn Schwärme von Krähen über die braunen Felder ziehen. Ich glaube, mir gefällt diese Jahreszeit vor allem, weil ich weiß, dass sie vorbeigeht. Es wird wieder Frühling und Sommer, wieder grün und lebendig werden draußen.
Genau das habe ich neulich ganz deutlich zu spüren bekommen. Ich bin vom Büro nach Hause gelaufen und schon von weitem sehe ich einen großen Traktor, der voll beladen ist mit Heu. Eigentlich ungewöhnlich mitten im Winter. Heu mag ich unheimlich gerne. Es erinnert mich an meine Kindheit auf unserem Hof. Im Sommer war die Heuernte ein Großereignis. Der Hof war voll mit Menschen, es gab viel Arbeit, aber vor allem war es lebendig. Die Heuernte hat mir schon immer gefallen. Natürlich waren diese Tage auch anstrengend. Das Heu auf den Heuboden hieven und dort ganz ordentlich packen - das hat mein Opa strengstens überwacht. Abends waren unsere Arme und Beine völlig zerkratzt und wir waren geschafft von der harten Arbeit. Und: das ist für mich fast noch wichtiger - Haus und Hof waren wochenlang von Heuduft erfüllt. Frisches Heu ist für mich heute noch was ganz besonderes. Und deshalb war auch dieser Moment so speziell, in dem der Traktor mit dem Heu an mir vorbeigefahren ist. Ich hatte mich nämlich noch gefragt, ob Heu nach langer Lagerung auch noch so gut duftet - nach Sommer eben. Keine zwei Sekunden später wusste ich es. Ich hab einen vollen Schwall Sommer abbekommen. Dieser Duft von Sommer mitten im Winter, das ist für mich wie eine leise Vorahnung vom Paradies mitten im Leben. Und irgendwie schwingt auch schon die Vorfreude auf das Reich Gottes mit. Eine Vorfreude auf mehr - irgendwann einmal. Genau wie eine Heuwolke mitten im Winter sommerliche Gefühle hervorruft.

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