SWR3 Gedanken

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Gerda ist Mitte fünfzig und hat zwei Kinder. Einen Sohn und eine Tochter. Die Tochter hat einen Amerikaner geheiratet, der bei der Air Force arbeitet. Der Sohn ist bei der Bundeswehr.
Gerda liebt ihre beiden Kinder. Die beide weit weg sind. Die Tochter lebt in den Vereinigten Staaten. Der Sohn ist seit einiger Zeit in Afghanistan. Für beide ist Leben im Frieden keine Selbstverständlichkeit. Für Gerda auch nicht.
Die Tochter hat ein Kind bekommen. Ihr Bruder soll Pate sein. Aber er ist in Afghanistan. Schwierig. Weil Paten bei der Taufe eigentlich anwesend sein sollen. Weil Paten eigentlich überhaupt anwesend sein sollen. Im Leben der Kinder. Wird das möglich sein?
Wahrscheinlich nicht. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um Verbundenheit. Einer Schwester, die in den USA auf einem amerikanischen Stützpunkt lebt. Mit einem Bruder, von dem keiner weiß, ob er heil nach Hause kommt. Und es geht um Gerda, die einfach nur ihre Kinder liebt.
Gerda hat eine Idee. An einem bestimmten Sonntag gehen alle drei zum Gottesdienst. Gerda bei uns in die Kirche, ihre Tochter auf dem US-amerikanischen Stützpunkt, der Sohn in Afghanistan. Denn ob Nord, ob Süd, ob Ost, ob West: einen Ort, um Gottesdienst zu feiern, gibt es fast überall.
Und trotz Zeitverschiebung, verschiedener Klimazonen und unterschiedlicher Rahmenbedingungen denken Gerda, ihre Tochter und ihr Sohn aneinander. Nicht einfach so. Sondern vor Gott denken sie aneinander. Und haben alle drei das Gefühl, dass Gott ihnen nah ist. In den USA, in Afghanistan und in Deutschland.
„Keinem von uns ist Gott fern," heißt es in der Bibel. Das gilt für Gerda und ihre Kinder, das gilt für uns alle. Weil Nähe manchmal nichts mit Meilen oder Kilometern zu tun hat, sondern mit dem, was wir fühlen und glauben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12288
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