SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Freitag der Dreizehnte. Das Jahr fängt ja schon gut an. Für viele Leute ist das ein Unglückszeichen, wenn ein Freitag mit dieser Ziffer in Verbindung im Kalender steht. Und sie sind froh, wenn sie diesen Tag bis jetzt gut und gesund überstanden haben.
Dabei ist das Datum beileibe kein Grund für Aberglaube. Für mich als Christ ist das eher ein Tag, an dem ich mich daran erinnere, dass Intrigen und Gewalt zur Geschichte meiner Kirche gehören und dass ich mich neu am Guten ausrichten will.
Dieses Datum ist zu Recht mit einer düsteren Erinnerung verbunden: Am Freitag den 13. Oktober 1307 wurde mit einem Handstreich der Orden der Tempelritter ausgerottet. Der Orden der Tempelritter ist ursprünglich zum Schutz der Pilger gegründet worden, die ins Heilige Land ziehen. Dazu haben die Ritter an den wichtigen Orten der Pilgerwege Festungen gebaut. Diese Investition hat sie reich gemacht. So reich, dass viele den Tempelorden schon bald darum beneidet haben. Und was bringt Neid hervor? Nachdem über den Orden Gerüchte gestreut worden sind, hat der französische König (Philipp IV.) befohlen, alle Mitglieder des Templerordens zu verhaften. Und zwar überall an demselben Tag: Am Freitag, den 13. Viele der Tempelritter wurden gefoltert und schließlich nach einem erzwungenen Geständnis verbrannt. Der Papst hat den Orden verboten. Die Besitztümer des Ordens sind bei der Kirche geblieben. Wirklich kein schönes Kapitel des Christentums. Für manche sind diese Geschehnisse ein Zeichen, das bestätigt, dass dieses Datum Unglück bringt. Aber es könnte auch umgekehrt gewesen sein, dass sich wegen des Unglücks an diesem Termin der Aberglaube überhaupt erst ausgebildet hat. Für mich ist esmit so einem Unglückstag wie mit den Horoskopen: Nicht eine unberechenbare Macht entscheidet mehr oder weniger zufällig über mein Leben, sondern ich entscheide, woran ich mich halte: an Neid und Intrige oder an das Gute, das ich vom Schicksal und von den Menschen erwarte. Und ich bin überzeugt, was mir geschieht, hat einiges damit zu tun, wie ich mit den Menschen und der Welt umgehe. Davon hängt es ab. Und von der Hand Gottes, die mich, auch wenn ich falle, noch hält.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12279
weiterlesen...