SWR2 Wort zum Tag

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„Tut niemandem Gewalt oder Unrecht!" Das ist die Botschaft, die Johannes der Täufer einer Gruppe von Soldaten zu sagen hat, die sich von ihm haben taufen lassen und nun ihr Leben neu von ihm orientieren lassen wollen.
Johannes der Täufer gilt als typische „Vorläufergestalt" Jesu, als dessen Wegbereiter. Somit passt er gut in die Adventszeit. Die Bibel schildert ihn als eine Art Propheten, als unbequemen Zeitgenossen mit einer unbequemen Botschaft. Er hat in der Nähe des Jordanflusses gehaust und das Dasein eines zurückgezogenen Eremiten geführt. Dennoch ging eine starke Anziehungskraft von ihm aus. In Scharen pilgerten die Menschen zu ihm, um sich von ihm taufen zu lassen und um sich einen Rat bei ihm zu holen.
Doch was er den Soldaten, die zu ihm kamen, zu sagen hat, macht mir als Wehrdienstverweigerer Mühe. Soldaten, die gewaltlos sein sollen - ist das nicht ein Widerspruch? Und ist es nicht ein bisschen wenig? Müssten sie nicht konsequenterweise ihren Job aufgeben?
Gewiss, eine Welt ohne Soldaten wäre besser. Aber ist sie realistisch? Und wenn es denn schon so ist, dass auf militärische Verteidigung nicht (noch nicht?) verzichtet werden kann, dann muss es auch eine Ethik der Verteidigung geben.
In allen Kriegen, die dieser Erdball gesehen hat, sind Menschen grausam gefoltert und ermordet worden: Kinder wurden misshandelt, Frauen vergewaltigt, alte Menschen gedemütigt. Sinnlose Gewalt beherrscht die Tagesordnung der Kriege von der Niederschlagung des jüdischen Aufstands durch die Römer im Jahr 70 nach Christus bis zur Demütigung irakischer Soldaten durch US-GIs in Abu Ghraib im Jahr 2004.
Einen „gerechten Krieg" gibt es nicht. Aber selbst in Kriegszeiten ist menschenverachtende Gewalt ein zu ahnendes Delikt. Das weiß man offenbar nicht erst seit der Genfer Konvention. Sie ist immer verabscheuungswürdig.
So bleibt der Dienst an der Waffe ein ambivalentes, ein bisweilen schmutziges Geschäft. Der Umgang mit den Instrumenten des Tötens hat stets eine verführerisch böse Kraft. Sie gilt es zu bannen. Wer mit den Mitteln der Gewalt herrscht, steht in der Gefahr zu unterdrücken. Wer Waffen einsetzt - und sei es nur, um zu drohen - steht in der Gefahr, Leben zu zerstören.
Das ist es wohl, was Johannes der Täufer meint, wenn er ausgerechnet die Soldaten mahnt: „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht!" Es ist seine Friedensbotschaft zum Advent 2011.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12130
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