Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Weh euch, ihr blinden Narren, ihr Nattern, ihr Schlangenbrut !" (Mt 23,17.33) Das sind wahrhaftig keine Komplimente. Hier fährt einer schweres Geschütz auf. Es ist Jesus von Nazaret, der so aggressiv reagiert. Da ist nichts mehr zu spüren von Verständnis, Vergebung und Barmherzigkeit. Auch Jesus kann der Zorn packen. Und zwar dann, wenn Menschen heucheln. Wenn sie so tun als ob. Wenn Reden und Handeln nicht zusammenpassen. Besonders schlimm ist diese Unaufrichtigkeit, wenn sie im Namen Gottes geschieht. Dann hört bei Jesus der Spaß auf. Und so droht er den Schriftgelehrten ein höllisches Strafgericht an, jenen, „die nur reden, selbst aber nicht tun, was sie sagen" (Mt 23,3), die ihren Mitmenschen „schwere Lasten auflegen und selbst keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen." (Mt 23,4) Diese Mahnung ist zeitlos. Denn immer gab und gibt es religiöse Autoritäten, die - wie Heinrich Heine spottete - „öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken." Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut. Wer es verspielt, muss sich nicht wundern, wenn Menschen sich zurückziehen. So erlebt es gerade auch die katholische Kirche nach den verheerenden Missbrauchsfällen. Die massenhaften Kirchenaustritte zeigen es. Ebenso die Umfragen, wonach die Kirche in puncto Glaubwürdigkeit in der Tabelle ganz unten steht. In erster Linie verantwortlich sind diejenigen, die im Auftrag der Kirche sprechen: Bischöfe, Priester, Ordensleute, Laienseelsorger, Religionslehrer. Was ist zu tun? „Da gibt es keine Patentrezepte", heißt es da immer gleich. Falsch! Jesus hat eines vorgelebt: Er verkündete das, woran er glaubte. Und er tat das, was er sagte. Und diese Praxis gilt für alle Getauften, die Jesus nachfolgen wollen. Wie ließe sich verlorengegangenes Vertrauen anders zurückgewinnen? Auch das war schon immer so. Eine spanische Nonne schrieb vor 700 Jahren: „Wir sind die einzige Bibel, die die Menschen heute noch lesen. Wir sind Gottes Botschaft in Taten und Worten geschrieben. Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun."

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12117
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