SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Wo bis vor einigen Jahren die Jesuiten ihren Gemüse- und Obstgarten pflegten, wächst heute der Dialog zwischen den Kulturen und Religionsgemeinschaften". Die Rede ist von einem „Garten der Religionen", der im September in der Kölner Südstadt eröffnet wurde. Wer den Garten der Religionen besucht, den erwarten mehrere Stationen. Fünf von ihnen repräsentieren jeweils eine Weltreligion. Sie sind chronologisch nach der Entstehungszeit der Religionen angeordnet und jeweils mit einem Kennwort versehen. Für das Judentum steht das Wort „Treue". Für das Christentum das Wort „Beziehung". Für den Islam steht „Ehrfurcht". Für den Buddhismus „Gelassenheit". Für den Hinduismus schließlich steht das Wort „Vielfalt". Diese Worte wollen keine trennenden Unterschiede zwischen den Religionen benennen. Vielmehr gilt - so die Landschaftsarchitektin, die das Projekt mit initiiert hat: „Die für eine der Religionen genannten Begriffe sind im Prinzip auch für die anderen denkbar und übertragbar."
Einer Religion ein Kennwort zuschreiben - Treue, Beziehung, Ehrfurcht, Gelassenheit, Vielfalt -, das kann helfen, sie besser wahrzunehmen, neugieriger zu werden, sie näher kennen lernen zu wollen. Es erinnert aber auch die betreffende Religion an das, was ihr selbst wichtig ist und was andere von ihr erwarten.
Beziehung: dass das Christentum sich nicht abkapselt, keine Sonderwelt bildet, dass es vielmehr mit anderen Religionen und mit den Menschen seiner jeweiligen Zeit in lebendigem Austausch lebt und ihre Freuden und ihre Leiden teilt.
Treue: dass das Judentum die Erinnerung an seine Befreiungsgeschichte lebendig erhält und den Glauben an den kommenden Gott und seine Gerechtigkeit über alles stellt.
Ehrfurcht: dass der Islam dem Schöpfer allen Lebens Raum gibt und nicht ablässt, ihn als Allerbarmer anzurufen.
Vielfalt: dass der Hinduismus die Freude lehrt an der Unterschiedlichkeit von allem, was lebt und dessen bunte Vielfalt sich in den verschiedenen religiösen Kulturen ausdrückt.
Gelassenheit: dass der Buddhismus unsere Neigung zu Feindseligkeit und Aggression überwindet, indem er sich selbst und die anderen mit ihren Stärken und Schwächen der Geduld Gottes anempfiehlt. Es ist gut, wenn sich die Religionen wechselseitig an ihr Ideal erinnern; wenn sie sich gegenseitig dabei helfen, tiefer und weiter zu werden - da und dort gibt es heute einen „Garten der Religionen", der dazu einlädt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=12030
weiterlesen...