Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es war ein Tag der Arbeit für die Tagelöhner,
Arbeit im Weinberg.
Jesus erzählt von ihnen in einem Gleichnis.
Morgens um 6 hat der Weinbergsbesitzer sie eingestellt.
Man wurde sich schnell einig: ein Silbergroschen Tageslohn.
Um 9 Uhr hat er weitere Arbeiter eingestellt.
Um 12 und um 3 holt er sich noch ein paar vom Marktplatz.
Und am Nachmittag um 5 holt er die letzten - kurz vor Anbruch der Dunkelheit.
Ein Tag der Arbeit für alle.
Am Abend haben sie aber alle unterschiedlich lang gearbeitet.
Klar - wahrscheinlich waren die ersten die Leistungsträger, die fitteren.
Und die letzten die Schwächeren,
die Verlierer, die sonst keiner haben wollte.
Die hätten für’n Appel und n Ei gearbeitet. Zur Not auch unter Tarif.
Aber als der Chef den Lohn auszahlt, kriegen sie alle den selben Lohn, egal wie lange sie gearbeitet haben.
Sie kriegen alle einen Silbergroschen.
Sogar die, die den ganzen Tag geschafft haben.
Und die - na klar - beschweren sich.
„Das ist ungerecht, wenn man die anderen uns gleichstellt.
Der Abstand zu den anderen muss größer sein.
Entweder kriegen die weniger oder wir mehr.“
Der Weinbergsbesitzer antwortet ganz cool:
„Mein Freund, was willst du? Wir haben doch einen Silbergroschen ausgemacht, oder?
Gönnst du den andern den Lohn nicht?
So viel braucht man doch, um für diesen Tag genug zu Essen zu haben.
Du weißt, auf diesem harten Arbeitsmarkt haben sie wenig Chancen.“
In der Lutherbibel heißt es dann:
„Siehst du scheel drein, weil ich gütig bin?“
Güte - Barmherzigkeit -
das sind keine Begriffe, die in moderner Personalentwicklung an erster Stelle stehen.
Geht auch nicht anders, die Wirtschaft würde so nicht funktionieren.
Man kann das Gleichnis Jesu nicht einfach wörtlich übertragen.
War ja auch gar nicht seine Absicht.
Dieses Gleichnis weist seit Jahrtausenden immer auf dasselbe hin:
Vergesst die Loser nicht, die Verlierer auf dem Arbeitsmarkt.
Vergesst nicht die, die Leistung bringen wollen, aber nicht so gut können.
Und: “Schaut nicht scheel drein. Und auf sie runter.
Denkt auch an Güte und Barmherzigkeit.
Die Gesetze des Marktes brauchen das als Korrektur, als Ergänzung.
Damit es menschlich zugeht bei uns - heute am Tag der Arbeit und auch sonst.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1198
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