SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Nach Gott fragen und von Gott reden - dieses Thema versuche ich in dieser Woche zu beleuchten. Fast kommt es mir vermessen vor, darüber zu sprechen. Denn die Gottesfrage ist ja nicht irgendeine Frage neben anderen - sie ist die Frage schlechthin. Weiter und tiefer als die Frage nach Gott reicht keine andere Frage. Und ich kann von Gott auch nicht sprechen wie über dieses oder jenes -  „wie über Baum und Stein", so hat es der evangelische Theologe Rudolf Bultmann einmal gesagt. Was wir mit dem Wort „Gott" benennen, ist Mitte und Grund unseres Denkens und Redens; Mitte und Grund unseres Lebens und unserer Existenz. Ich kann von Gott nicht sprechen, wenn ich nicht von Gott betroffen bin. Ja, vielleicht kann ich in lebendiger, in glaubwürdiger Weise überhaupt nur von ihm sprechen, wenn ich eine lebendige Beziehung zu Gott habe und wenn das Sprechen mit Gott am Anfang steht. Sollte ich dann aber nicht lieber schweigen? Nein, ich glaube, dass Christen die Frage nach Gott und die Rede von Gott nicht verstummen lassen dürfen, auch wenn dies oft nur völlig unzureichend gelingt. Viele Menschen hungern danach. Sie suchen nach etwas, das ihrem Leben Tiefe gibt; das sie trägt in dem, was sie tagtäglich beschäftigt, besorgt, glücklich macht, hoffen lässt. Und das auch noch Halt geben kann, wenn sie ins Bodenlose zu fallen drohen. Dass sie dabei auch unsicher sind und zweifeln, widerspricht nicht dem Glauben, sondern nimmt ihn ernst. Wir können auf vielfältige Weise mit Gott in Beziehung stehen. Zwischen unserem Fragen nach Gott, unserem Denken über ihn und dem Gott, der uns im Glauben begegnet, ist ein Abgrund, den wir mit unserer unzulänglichen Sprache kaum überbrücken können. Wir können von Gott nur in Bildern sprechen, und diese Bilder verhüllen ihn mehr als dass sie ihn zeigen. Aus der Sicht des Glaubens freilich ist dieser Abgrund immer schon durch die Liebe Gottes überbrückt. Und Glaubende sollen und dürfen auch in unzulänglicher Sprache über Gottes Liebe sprechen. Und über Jesus von Nazareth. Von ihm sagt die Bibel, er sei das authentische Bild des unsichtbaren Gottes. An ihm, an Jesus von Nazareth, können wir erkennen, wie Gott ist. Bei ihm geht es um tiefes menschliches Verstehen, um Vergebung; darum, dass Menschen aufgerichtet werden, die das Leben zu zerbrechen droht. Es geht um neues Leben, um Auferstehung aus tödlicher Erstarrung. Menschen sollen zur Freiheit ermutigt werden. In der Freiheit begegnen sich menschliche Sehnsucht und göttliche Liebe. Auch wenn die Worte immer unzulänglich bleiben: Man wird nie an ein Ende damit kommen, diesen Gott den Menschen nahe zu bringen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11887
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