SWR3 Gedanken

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„Das ist dein Problem." Die Antwort ließ an Deutlichkeit keine Fragen offen. Mein Kollege hatte einen Fehler gemacht. Hatte gedankenlos Dinge herausgegeben, die er ungefragt nicht weitergeben durfte. Nichts Dramatisches zwar, aber ein ärgerlicher Fehler, ganz klar. Nur, kritisieren lassen wollte er  sich dafür nicht. Er weigerte sich schlicht, seinen Fehler zuzugeben. Sein einziger Kommentar zu meinem Ärger: „Das ist dein Problem."
Jeder von uns macht Fehler. Immer wieder. Kleine und harmlose, und manchmal leider auch richtig Heftige. Das ist menschlich. Doch offenbar führt bei manchen schon der kleinste Fehler zu einem angeknacksten Selbstwertgefühl. Und deshalb darf es eben keine Fehler geben. Dann muss ich mir, wenn nötig, die Wirklichkeit schon mal zurechtbiegen: Ich versage nie. Und: Falls du meinst, ich hätte doch einen Fehler gemacht, ist es halt dein Problem. Nun ist es natürlich ein Unterschied, ob ich bloß die Nudeln versalzen oder etwas wirklich Schlimmes angerichtet habe. Doch am Ende gilt für das eine wie das andere: Ich kann nur in Frieden mit mir und andern leben, wenn ich mir auch meine Fehler zugestehe. Wenn mir klar ist, dass ich immer wieder welche machen werde, weil ich nicht perfekt bin. Und: wenn ich mir meine Fehler irgendwann auch mal selber vergeben kann.
Für mich hat das viel mit dem alten Wort Barmherzigkeit zu tun. Die richtet sich nämlich nicht nur an andere, sondern auch an mich selbst. Wenn ich mit mir nicht barmherzig sein kann, wie soll ich es dann eigentlich gegenüber anderen sein?

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