SWR2 Wort zum Tag

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Der Opa einer Kindergartenfreundin von meiner Tochter ist vor einiger Zeit gestorben. „Ich glaube, die Beerdigung, das ist nichts für sie...", meinte ihre Mutter zu mir. Während der Trauerfeier haben die Eltern das Mädchen im Kindergarten gelassen. Bei der Beerdigung dabei zu sein, das wollten sie der Vierjährigen ersparen.
Kleine Kinder bei einer Beerdigung? Viele Eltern sind da skeptisch. Werden sie sich angemessen verhalten? Kann man ihnen zumuten, die eigenen Eltern oder andere vertraute Personen weinen zu sehen? Und wie soll man ihnen die vielen Fragen beantworten, die sie bestimmt haben? Ich verstehe diese Sorgen gut - und je nach Alter eines Kindes muss man sicher manches vorher bedenken.
Trotzdem glaube ich: Man tut den Kindern - und sich selbst - keinen Gefallen, wenn man ihnen diese Momente ersparen möchte. Meine Erfahrung ist nämlich, dass Kinder jeden Alters erstaunliche Kompetenzen haben, wenn es um das Sterben und Abschiednehmen geht: Die Dreijährige, die im Blumenladen mit großer Bestimmtheit einen Strauß aus rosafarbenen Rosen auswählt und ihn dann ganz bedächtig in das Grab der Tante versenkt. Der Fünfjährige, der ein wunderbares Bild von seinem Opa malt, das während der Trauerfeier den Sarg schmückt. Und die Grundschülerin, die als einzige der Familie eine genaue Vorstellung darüber hat, welche Lieder denn bei Omas Beerdigung gesungen werden sollen.
Das sind, denke ich, Erfahrungen, die für alle unersetzlich sind: Unersetzlich für die Kinder, weil sie so eine Chance bekommen, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und auf ihre ganz persönliche Art Abschied zu nehmen. Unersetzlich aber auch für alle anderen, denen sich solche kindlichen Gesten tief einprägen.
Allerdings gebe ich zu: Mit Kindern offen über das Thema Sterben zu sprechen, bleibt eine Herausforderung. Sie stellen ja genau die Fragen, bei denen wir uns oft schon damit abgefunden haben, sie nicht beantworten zu können.
Mir helfen in solchen Situationen die Geschichten und Bilder aus der Bibel, die von der Hoffnung über den Tod hinaus erzählen. Nicht als einfache Antwort - und schon gar nicht als schnelle Vertröstung. Aber als Anregungen zum Weiterdenken.
Und ich glaube: Kinder können mit diesen Fragen umgehen. Und sie haben ein feines Gespür dafür, was ihnen und anderen gut tut: Das Abschiedsbild für den Opa auf dem Sarg, da waren sich alle einig, das war wunderschön - und tröstlich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11767
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