Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Nur fünf Minuten Fußweg zur Arbeit - das ist super! Von meinem Küchentisch zu meinem Schreibtisch sind es nur 400 Meter. Das weiß ich zu schätzen. Viele haben einen langen Weg zur Arbeit. Und noch aus einem anderen Grund genieße ich den morgendlichen Gang zu meinem Büro. Auf dem Weg komme ich an einer Kindertagesstätte vorbei und an einer Schule. Meistens bekomme ich mit, wie die kleinen Kinder von Mama oder Papa in die Kita gebracht werden. Und ich freue mich jedes Mal, wenn ich diese Kleinen im Vorübergehen erlebe. Das ist Leben pur! Der eine schießt mit seinem Tretrad an mir vorbei, die Mama auf dem Fahrrad hinterher. Dort krabbeln zwei kleine Freunde aus dem Auto und reden schon ganz lebhaft miteinander. Und der nächste kommt auf dem Bürgersteig auf mich zu und strahlt, weil der Papa ihn huckepack auf den Schultern trägt. Einfach schön, das mitzuerleben. Wenn sie später auf dem Spielplatz der Kita sind, dann höre ich vom Büro aus, wie sie sich ihres Lebens freuen. Und ich freue mich, dass diese kleinen Kinder mir fast täglich über den Weg laufen. Dass ich sie erleben kann. Wie lebendig sie sind. Und spontan. Und offen für die Menschen und für alles Schöne, das ihnen begegnet. Wie sie mit einer gewissen Leichtigkeit und verspielt durchs Leben gehen. Wie sie in ihren Gefühlen zuhause sind. Und wie sie strahlen! Und dann oft die Kontrasterfahrung: Wenn ich Erwachsene erlebe, die das verloren haben. Bei denen all das, was sie als Kind ausgezeichnet hat, weg ist, wie eingesperrt. Menschen, bei denen das Kind in ihnen keinen Raum mehr hat, keine Lebenschance. Weil der Ernst der Lebens und manche bittere Erfahrung es überlagert haben. Dann ahne ich, was Jesus mit seinem Satz über die Kinder gemeint hat: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen" (Mt 18, 3). „Himmelreich", das Reich Gottes, das ist der Lebensraum, in dem sich die Menschen mit Hilfe des Geistes Gottes entfalten können und zu ihrem Lebensglück finden. Ich bin heilfroh, dass ich immer wieder die Kleinen von der Kita treffe. Sie zeigen mir, wie wichtig es ist, dass ich „das Kind in mir" achtsam wahrnehme und ihm Raum gebe. Wenn Erwachsene in diesem Sinn „Wie die Kinder werden", dann hält das jung und lebendig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11736
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