Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Jeder normale Mensch hätte sich krank gemeldet und seine Mitarbeit beim Kurs abgesagt. Krank ist krank. Und Krankheiten kuriert man am besten aus. Damit es einem dann wieder gut geht. Und damit man wieder richtig einsatzfähig wird. Auch Sr. Karla war krank. Die Ordensschwester fast inzwischen fast 70 Jahre alt. Im Sommer war sie vier Wochen lang bei ihren indischen Mitschwestern. Sie hat sie auf ihrem spirituellen Weg begleitet. Viele Gespräche auf Englisch. Anspruchsvolle Arbeit in anstrengendem Klima. Die Luftverschmutzung vor Ort hat ihr den Rest gegeben: Mit einer Allergie und einer Infektion kam sie zurück. Der Arzt hat ihr ein Antibiotikum und Bettruhe verordnet. Aber sie kam trotzdem zu unserem Exerzitienkurs. Unbedacht? Nein. Aus Leichtsinn? Nein. Aus echtem Gottvertrauen. Ob jemand ein bisschen verrückt oder ein bisschen heilig ist, das ist manchmal von außen nicht gleich zu unterscheiden. Sie kam, sie hat uns erzählt, was sie erlebt hat - und dann hat sie losgelegt. Wir haben zu dritt Exerzitien angeboten, Tage der Stille in einem Kloster, eine Woche der Besinnung auf den eigenen Lebensweg und Glaubensweg. Sr. Karla hat neun Menschen begleitet. Das bedeutet neun intensive, fordernde Gespräche am Tag, und das acht Tage lang. Wie will sie das durchhalten, bei der angegriffenen Gesundheit?! Aber sie hat es gut überstanden, sie ist dabei im Laufe der Tage immer munterer geworden - und am Ende ging es ihr richtig gut. Und den neun, die sie begleitet hat, auch. Am zweiten Abend haben wir sie gefragt, wie sie das schafft. Ihre Antwort: „Gott schenkt mir jeden Tag genau so viel Kraft, wie ich für diesen Tag brauche, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Darauf kann ich mich verlassen. Und damit geht es gut." Auf die eigenen, geschwächten Kräfte konnte die Schwester nicht bauen. Aber sie wusste, dass sie sich auf Gott verlassen konnte: „Gib Du mir Kraft von Deiner Kraft!" Und die hat sie geschenkt bekommen. Mir hat das imponiert. Ein Beispiel von echtem Gottvertrauen. Damit wird möglich, was unmöglich scheint. Und damit lebt sich's leichter. Gottseidank!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11735
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