SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Lasst uns nicht lieben mit Worten..., sondern mit der Tat..." (1.Joh 3,18) Ich beobachte: Viele Eltern wünschen sich dieses Bibelwort als Taufspruch für ihre Kinder. „Lasst uns nicht lieben mit Worten ..., sondern: mit der Tat." (1.Joh 3,18) Ich frage mich, warum? Und von Eltern höre ich dann: „Diese Ermahnung ist eine lebenspraktische Weisheit. In ihr geht es nicht gleich um die großen Heilsereignisse vor wie Schöpfung, Kreuzigung oder Auferstehung. Diese Ermahnung kommt auf Augenhöhe daher. Sie berührt das menschliche Miteinander. Sie ist so etwas wie eine Lebensorientierung. Und das zählt heute."
Vielen sind offenbar die großen Worte leer geworden. Sie erwarten - auch und gerade von Christen - nicht nur liebevolle Worte. Christlicher Glaube soll erlebbar werden. Das Lieben durch die Tat ist so etwas wie ein Beleg, wie ein Erweis, wie die erfahrbare Außenseite von  Glauben. Darauf kommt es vielen Eltern an.
Und dennoch wissen sie aus eigener Erfahrung: Das geht nicht immer auf. Taten bleiben oft zweideutig. Auch die Tat, die man selber als eine gute empfindet.
Und was für ein weiter Weg ist das oft - vom liebevollen Wort zur liebevollen Tat! Mehr noch: Es kann einen riesigen Sprung bedeuten, wie über einen tiefen Graben, wo es plötzlich ums ganze Leben geht.
Das ist mir unlängst an einer Bemerkung des großen Erzählers Rafik Schami klar geworden. Vor vierzig Jahren ist er aus Damaskus nach Deutschland ausgewandert. Dieser Meister der liebevollen Ironie blickt zur Zeit intensiv und wie gebannt auf die vielen freiheitsliebenden Demonstranten in seiner Heimat Syrien - und er verfolgt das brutale Vorgehen der Schreckensherrscher in Damaskus. Rafik Schami sagt angesichts der mutigen Freiheitskämpfer über seine Wort-Kunst: „Sie, diese Tapferen, (sie) schreiben den besseren Roman. Ich lerne  seit Januar wie ein kleiner Lehrling bei einem großen Meister, dem syrischen Volk." (Marc Strehler, dpa in  swp/Ulm; 18.6.2011)
Vom freien Wort zur Tat für die Freiheit. Was für eine große, unfassbare Steigerung kann das sein - für viele Menschen in den Freiheitsbewegungen der arabischen Welt bis hin zum Martyrium. Diesen Weg, hoffe ich, müssen wir in unserem Land niemals gehen. Kann sein, wir bleiben auch schon bei kleinen  Hindernissen wieder und wieder stecken. Doch ohne sich auf den Weg zu machen -  vom Wort zur Tat,  werden liebevolle Worte hohl. Auch darum fasziniert das Bibelwort: „Lasst uns nicht lieben mit Worten..., sondern mit der Tat."
1.Joh 3,18

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