SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wer nicht mitfeiert, gilt schnell als Spaßbremse, als einer, der die Stimmung verdirbt. Wer feiert, ist oben auf. Wer nicht mitmacht, ist unten durch. Wieso eigentlich?
Im Gleichnis von zwei Brüdern, das Jesus erzählt, hört sich das auch so an. Mich stört das. Denn es gibt doch manchmal auch gute Gründe nicht mitzufeiern.
Da lässt sich der jüngere Bruder das Erbe ausbezahlen - bringt Hab und Gut in Saus und Braus durch - und im Elend angekommen besinnt er sich darauf: Wie schön ist´s doch daheim! Er macht sich auf den Weg - und kaum, dass der Vater den Sohnemann erblickt, geht er mit offenen Armen auf ihn zu - schmückt ihn mit Ring und Festkleid und veranstaltet ein Festmahl zu Ehren des Heimkehrers. Sie singen und sie tanzen.
Der ältere Bruder kommt von der Arbeit heim, hört er das Singen und Tanzen - und weiß nicht warum. Und als er den Grund erfährt, wird er zornig. Ihm ist jetzt gar nicht nach Feiern zu Mute.
Ich habe dafür Verständnis. Denn er muss doch bei sich denken: Der Junge kann sich alles leisten, der Vater wird immer wieder weich.
Es sieht nun so aus, als hätte der Ältere den Schwarzen Peter. Er feiert nicht mit. Er kann sich nicht daran freuen, dass der Bruder einfach so beim Vater willkommen und Liebkind ist. Er ist der Miesmacher.
Aber hat er nicht auch Gründe zu schmollen?
Der Vater versucht ihn umzustimmen. „Hör mal, »alles, was mein ist, das ist dein.« Feiere doch mit deinem Bruder, der schon wie tot war und nun doch wieder aufgetaucht ist."
Das wird nicht ohne Wirkung bleiben.
Das Ende der Geschichte ist in der Bibel offen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bruder noch mitfeiert.
Und ich hoffe und wünsche mir: Ja, der feiert am Ende mit. Erst recht dann und sogleich, wenn er vom Umdenken seines Bruders erzählt bekommt, von seiner Reue. Das nämlich hat der Vater versäumt.
Ich stelle mir vor, wie der jüngere Bruder auf seinen älteren zukommt - und wie er ihm sagt: „Mir ist es ganz mies gegangen in der Fremde. Ich bereue, was ich getan habe. Und ich freue mich riesig, wenn du mitfeierst."
Die Reue hat dem Jüngeren den Weg zum Leben eröffnet - und genau das wird auch dem älteren Bruder die Tür zum Fest öffnen.
Dann kann es auch sein Fest sein.
Jesu Geschichte sagt mir: Versöhnung ist möglich - für alle mit krummen, schwierigen Lebensgeschichten. Und ein „Ich bereue" eröffnet Versöhnung. Untereinander. Wenn Reue mitgeteilt wird, gehen Türen auf. Immer wieder und bis zuletzt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11723
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