SWR2 Wort zum Tag

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Im Juli und August diesen Jahres gingen Bilder von einer Hungerkatastrophe um die Welt. Am Horn von Afrika hat es in manchen Gegenden seit Jahren nicht geregnet. Die Tiere sind bereits verendet, die Menschen vom Hungertod bedroht. Dazu kommt der Bürgerkrieg in Somalia und politische Wirren, die Hunderttausende in die Flucht treiben. Inzwischen ist davon in den Medien kaum noch etwas zu finden. Leider aber ist die Hungersnot nicht vorbei. Die Hilfswerke melden vielmehr, dass sie unvermindert anhält und es noch Monate dauern wird, bis sich die Lage entspannt. Wie viel Hunger, wie viel Katastrophe muss es sein, damit es eine Nachricht wert ist? Und wer interessiert sich noch für die Gründe, die dazu geführt haben, dass diese schlimme Situation zustande kam? Mir ist es unangenehm, mich mit Hungersnöten zu beschäftigen, die irgendwo weit weg wüten und ich bin oft genug versucht, die Bilder wegzuschieben und zu verdrängen. Wenn ich nach den Hintergründen frage, stoße ich auf Misswirtschaft und Korruption in afrikanischen Ländern, die eine verheerende Rolle spielen. Dinge also, an denen ich nichts ändern kann. Aber auch die Agrar- und Handelspolitik Europas und der Industriestaaten schadet den Armen Afrikas. Und in jüngster Zeit kommt dazu, dass die Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe geschnellt sind. An den Börsen wird mittlerweile mit Lebensmitteln ebenso spekuliert wie mit Bodenschätzen und Finanzprodukten. Unabhängig davon, ob der Hunger in Afrika „hausgemacht" ist oder mit unserem Lebensstil in Europa zu tun hat: Es ist und bleibt ein unerträglicher Skandal, dass auf der einen Seite so viel Überfluss herrscht und auf der anderen so viele leiden müssen, weil sie nichts zu essen haben. Ich will und darf mich nicht damit abfinden, obwohl ich Gefahr laufe abzustumpfen, weil die Fernsehbilder scheinbar immer gleich aussehen. Nur wenn ich gegen die Abstumpfung ankämpfe, kann ich diesen Stachel im Fleisch auch spüren. Die Suche nach den Ursachen muss weiter gehen. Und ebenso die Suche nach Lösungen. Eine Welt ohne Hungersnöte muss möglich sein.

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