Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Versuchs doch mal," sagt ein Freund und drückt mir einen kleinen Ball aus blau- rotem Leder in die Hand. Jonglieren ist wunderbar."
Ich werfe den Ball ganz locker mit der Rechten hoch und fange ihn mit der Linken wieder auf. „Na, ist ja ganz einfach," sage ich und nehme einen zweiten Ball.
Die beiden Bälle fliegen in einem leichten Bogen vor meinen Augen hin und her und ich muss an Frau Müller denken. Die ist eine wahre Jonglierkünstlerin.
Morgens gibt sie ihre Kinder im Kindergarten ab, fährt sie ins Büro, arbeitet da bis Mittag, kauft auf dem Nach Hause Weg ein paar Würstchen fürs Mittagessen und während die dann zu Hause in der Pfanne schmurgeln, holt sie ihre Kinder wieder ab.
„Versuchs doch mal mit einem dritten Ball", sagt der Freund und macht es mir vor.
Es ist ganz einfach, sagt er. Du musst nur locker bleiben und immer bis drei zählen. Dann lässt vor mir die Bälle tanzen. Ein kleines buntes Feuerwerk. Wunderbares Zusammenspiel von Schwerkraft und Leichtigkeit.
Natürlich habe ich es nicht geschafft. Der Dritte Ball war einfach zu viel.
"Ach ja, da ist noch etwas Wichtiges," sagt der Freund. „Du musst die Bälle in deinem Gesichtsfeld halten, aber schau ihnen nicht nach. Schau durch sie durch. Stell deinen Blick auf Unendlich! Und noch was- du darfst die Bälle nicht festhalten."
„Aha, so ist das ist das mit dem dritten Ball. Den haben ja viele. Die Frau, von der ich eben erzählt habe, jongliert nicht nur Kinder und Beruf nebeneinander her. Seit ihr Mann fort ist, jongliert sie auch die ganze Verantwortung allein. Und immer wenn sie sich das bewusst macht, hat sie das Gefühl, dass ihr alle Bälle aus der Hand fallen.
Aber manchmal stellt sie dann ihren Blick auf Unendlich. Dann geht sie joggen, besucht ein Konzert oder feiert einen Gottesdienst. Schaut sich ihr Leben an und schaut gleichzeitig durch ihr Leben hindurch.
Jesus hat sinngemäß einmal gesagt:
 „Sorgt euch nicht ums Alltägliche. Also um das, was ihr so zu jonglieren habt. Stellt euren Blick immer auch auf Unendlich. Schaut dorthin, wo ihr Gottes Liebe sehen und spüren könnt. Dann wird euch alles andere in die Hände und in den Schoß fallen.

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