SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ich wünschte mir, die Abgeordneten, die den Papst nicht hören wollen, könnten heute über ihren Schatten springen. Und der Rede von Papst Benedikt im Bundestag zuhören und nicht wegbleiben.
Es wäre ein Signal von Toleranz und Dialogbereitschaft. Gerade wenn sie seinen Positionen nicht zustimmen. Es wäre für mich ein gutes Zeichen über den geistigen Zustand unserer Gesellschaft. Wenn Volksvertreter, auch wenn sie mit Religion selber nichts im Sinn haben, zeigen: Ich bin trotzdem bereit, mir die Gedanken des Papstes, eines religiösen Menschen anzuhören. Eine Ahnung davon zu bekommen. Und mich damit auseinander zu setzen. Immerhin ist Religion für viele Menschen, für die ich als Abgeordneter politisch verantwortlich bin, wichtig.
Ich glaube, solche Toleranz und Dialogbereitschaft werden für unser Zusammenleben immer wichtiger in Zukunft. Weil unsere Gesellschaft grundsätzlich pluralistisch ist. Gerade auch religiös und weltanschaulich. Und Pluralismus wird nur dann nicht zum sozialen Sprengstoff, wenn ich die, die anders denken und ticken als ich selbst, mit ihrer Überzeugung kenne. Und sie als Menschen toleriere.
Noch besser wäre, wenn wir zum Dialog miteinander finden, wenn wir uns offen und kritisch auseinander setzen mit den Überzeugungen, die den anderen prägen. Mit dem Ziel, dass möglichst viele das demokratische Zusammenleben aktiv mit gestalten können. Dialog beginnt, wenn ich neugierig werde auf den anderen.
Katholiken müssen, so glaube ich, in Zukunft begreifen, warum ein humaner Atheist mit Überzeugung Atheist ist und bleiben will. Ein Atheist sollte sein Wissen über einen Protestanten nicht aus Vorurteilen beziehen, sondern aus wirklicher Begegnung, Für mich als Protestanten genügt es in Zukunft nicht, ein Zerrbild über Muslime zu haben. Und umgekehrt gilt das gleiche.
Für mich als Christen gründet diese Bereitschaft zum offenen Dialog darin: Jeder verdient grundsätzliche Achtung als Mensch. Weil er genauso Geschöpf Gottes ist, wie ich.
Diese Achtung gilt auch dann, wenn ich meine, er liegt falsch mit seiner Überzeugung und ich das auch nicht verschweige.
Aber genauso gehört zu diesem Dialog, dass ich meine Überzeugung kritischen Fragen aussetze. In diesen Tagen vielleicht vom Papst. Ob als Abgeordneter oder als normaler Bürger.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11594
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