Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wenn ein Kind drei Monate alt ist, schläft es nachts durch. Wenn es ein Jahr alt ist, macht es die ersten Schritte. Und im Alter von zwei Jahren fängt es an zu sprechen. So ähnlich steht es im Lehrbuch. Aber jeder, der Kinder hat oder früher einmal hatte, weiß: Kinder haben ihr eigenes Tempo. Die halten sich nicht an solche Vorgaben. Für Eltern ist das nicht immer einfach. Vor allem in einer Zeit, die verlangt, immer vorne mit dabei zu sein. Da kann schon im Mutterleib die Kopfgröße ein Anlass zur Sorge sein. Und nach der Geburt wird erst recht jede Abweichung aufmerksam verfolgt. Kann das Kind schon mit seinen Händen etwas anfangen oder nicht. Gott sei Dank gibt es Ergotherapie. Spricht es zu wenig. Dafür gibt es Logotherapie. In der Schule kommt die Angst dazu, ob das Kind mitkommt. Zum Glück gibt es ja Nachhilfe. Manche dieser Fördermaßnahmen sind sicher sinnvoll. Ob aber ein ständiges Fördern der Kinder so gut ist, daran hat Remo Largo seine Zweifel. Der Mediziner war lange Jahre Professor für Kinderheilkunde in Zürich. Sein Fazit: Eltern sollten sich nicht ständig darum kümmern, dass Kinder Fortschritte machen. Kinder, so sagt er, kann man gar nicht beliebig fördern. Man kann ja auch nicht beliebig Nahrung in sie hinein stopfen, auch wenn es die allerbesten Lebensmittel sind. Eltern sollten mehr vertrauen, dass die Kinder sich selbst entwickeln wollen. Und ihnen dabei ihr eigenes Tempo lassen. Das ist eine überraschende Empfehlung. Und sicher nicht ganz einfach. Sie verlangt einiges an Mut. Zum Beispiel, es auszuhalten, wenn das eigene Kind nicht so schnell ist wie die anderen. Natürlich kann die Förderung von Kindern sinnvoll sein. Aber wenn Eltern in ihren Kindern vor allem ein Projekt sehen, das unbedingt gelingen muss, dann wird es schwierig. Solchen Eltern rät der Kinderarzt Remo Largo zur Gelassenheit. Kinder sind nicht dazu da, die Erwartungen der Eltern zu erfüllen. Wichtiger für Eltern ist es, eine intensive Beziehung zu ihren Kindern zu entwickeln. Eine gute Beziehung trägt ein Leben lang. Sie ist das Wichtigste, was Eltern ihren Kindern mitgeben können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11573
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