SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Was mich an der katholischen Kirche immer wieder fasziniert: Sie hat den Mut zur Korrektur. Beispielhaft dafür: Die Geschichte der Engländerin Mary Ward. Ungewöhnlich an Mary Ward war vieles. Ihr Eigensinn, ihre Energie. Ihre Demut, ihr Glaube. Ihre feste Überzeugung, dass „das Frauengeschlecht etwas Außergewöhnliches" leisten kann und soll.
Mary Ward wuchs auf in England zur Zeit der Katholikenverfolgung im 17. Jahrhundert. Unter falschem Namen flüchtete sie nach Frankreich und trat dort in ein Kloster ein. Doch Mary wollte sich nicht damit abfinden, dass Frauen in der „Kirche nur die niedrigsten Dienste" verrichteten. Kurze Zeit später verließ sie darum das das Kloster, zog nach Flandern, um in ihrem „Institut der Englischen Fräulein" katholische englische Mädchen zu unterrichten, denn, so sagte sie: „Gott liebt die Einfalt, nicht aber die Unwissenheit."
An Spott über die „Englischen Fräulein" fehlte es nicht. Man nannte sie „Klatschbasen" und warf ihnen vor, überall mit ihren Predigten Unordnung zu stiften. All das brachte Mary Ward nicht von ihrer Absicht ab, dem Institut die päpstliche Anerkennung zu verschaffen. Sie machte sich auf den Weg, um dem Papst persönlich ihr Anliegen zu unterbreiten. Zwei Monate dauerte die Pilgerreise über den verschneiten Gotthard-Pass nach Rom. Dort bat sie den Papst, „auf Erden zu bestätigen, was im Himmel von Ewigkeit her bestätigt ist." Der aber sagte nicht ja und nicht nein. 1631 wurde das Institut verboten und Mary Ward als Ketzerin inhaftierte. Man verurteilte sie, „sich an Dinge gemacht zu haben, die weder der Schwäche des Geschlechts angemessen wären, noch für die weibliche Bescheidenheit und zumal die jungfräuliche Sittsamkeit sich schickten." Mary Ward fügte sich ohne Widerworte. Vielleicht ahnte sie, dass ihr Werk weiterleben würde. Denn wohl hatte der Papst den „Englischen Fräulein" klösterliche Gemeinschaft untersagt. Die religiöse Erziehungsarbeit aber hatte man in dem Katalog der Verbote vergessen.
Natürlich ist es immer besser, keine Fehler zu machen. Aber es „gereicht der Kirche zur Ehre, dass sie die Kraft und die Fähigkeit aufbrachte, ein offensichtliches Fehlurteil zu korrigieren" (Nigg). Das lässt hoffen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannte die katholische Kirche öffentlich, dass Mary Ward sich um die Gleichstellung der Frau verdient gemacht hat - als  eine Christin von „stahlhartem Charakter" und „milder Sanftmut".

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11552
weiterlesen...