SWR3 Gedanken

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Renate liebt ihre Enkel. Über alles. Und kümmert sich rührend um sie. Jeden Tag von Montag bis Freitag. Weil Sohn und Schwiegertochter berufstätig sind. Und natürlich wollen die auch ab und zu abends ausgehen. Und manchmal übers Wochenende wegfahren. Und im Sommer drei Wochen nach Australien in Urlaub. Geht auch nicht so gut mit Kindern. Ob die Oma wohl...? Renate kocht innerlich schon ein bisschen. Schließlich hat sie ja auch noch ein Leben. Aber etwas zu sagen, das traut sie sich nicht. Wer A sagt, muss wohl auch B sagen, denkt sie seufzend und räumt das Kinderzimmer auf.
Wer A sagt, muss auch B sagen. Dazu erzählt die Bibel folgende Geschichte: Einmal, da wird ein Israelit auf einem einsamen Weg überfallen und schwer verletzt. Zwei andere Israeliten kommen vorbei, sehen ihn liegen und gehen weiter. Der dritte schließlich ist ein Samariter. Samariter können eigentlich Israeliten nicht ausstehen. Aber dieser eine kümmert sich trotzdem um den Verletzten. Er verbindet seine Wunden, bringt ihn in eine Herberge und sorgt noch dafür, dass man sich dort weiter um ihn kümmert. Dann zieht er weiter.
Die Bibel erzählt die Geschichte als Antwort auf die Frage, wer denn mein Nächster ist. Und dass das eben nicht unbedingt jemand sein muss, der mir gebacken ist. Aber in Hinblick auf Renate und all die anderen hilfreichen Menschen ist mir ein anderer Aspekt dieser Geschichte wichtig. Und das ist der Schluss. Der Samariter bringt den Verwundeten in die Herberge, sorgt für die weitere Betreuung – und geht. Und damit tut er etwas, was viele Menschen nicht fertig bringen, wenn sie helfen, nämlich ein Ende finden. Viele wissen vor lauter Hilfsbereitschaft nicht, wie sie aus der Nummer wieder heraus kommen. Und das tut manchen Menschen gar nicht gut. Weil die Hilfe längst über ihre Kräfte geht.
Und da meint Jesus, das muss nicht sein. Ich soll schon helfen, wo ich kann. Und vor allen Dingen, wem ich kann. Ohne Ansehen der Person. Aber dann ist es auch mal wieder gut. Dann darf auch mal Schluss sein. Spätestens, wenn es über meine Kräfte geht.
Wenn ich an meine Grenzen komme. Denn Barmherzigkeit, die gilt nicht nur für die anderen. Die gilt eben auch für mich. https://www.kirche-im-swr.de/?m=1155
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