SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Im kirchlichen Kalender steht heute ein bemerkenswertes Fest; das Fest der Schmerzen Mariens. Schmerzen - oft ist es gut, sie zu vergessen, aber manchmal sind sie es auch wert, dass man ihrer gedenkt. Daß man sie würdigt, darauf schaut. Auch Schmerzen sind ein Stück Menschenleben, das nicht einfach nebenrunterfallen soll, sondern das Aufmerksamkeit verdient. Oft gehören Schmerzen zu Lebenszeiten, in denen wichtiges geschieht, auch wenn wir geneigt sind, sie nur negativ zu erleben und zu bewerten. Das Fest der Schmerzen Mariens lenkt den Blick auf 7 Ereignisse in ihrem Leben, von denen die Bibel erzählt oder die sie andeutet. Das erste ist die Begegnung mit einem alten Mann namens Simeon, als Maria und Josef zum 1. Mal mit dem 6 Wochen alten Jesus in den Tempel kommen. Simeon weissagt Maria, dass sie mit diesem Kind viel leiden wird: „Ein Schwert wird deine Seele durchdringen" (Lukas2,34f) sagt er. Das nächste ist die Flucht nach Ägypten mit dem Säugling. Dann, als Jesus 12 Jahre alt ist, wallfahren seine Eltern mit ihm von Nazareth nach Jerusalem. Jesus entfernt sich unbemerkt von ihnen - im Klartext: er reißt aus - und Maria und Josef suchen ihn 3 Tage, bis sie ihn im Tempel wieder finden. Er sitzt dort unter den Lehrern und unterhält sich mit ihnen. Und als Maria fragt: „Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht", bekommt sie zur Antwort: „Warum habt ihr mich gesucht?" Bei einem andern Kind als Jesus würde ich sagen: welche Frechheit! Hier ist es wohl Zeichen einer tiefen Fremdheit, die die Mutter gegenüber ihrem Sohn erleben muß. Und dann folgen die Schmerzen im Zusammenhang mit dem Tod Jesu: Maria begegnet ihm, als er sein Kreuz zur Hinrichtungsstätte trägt, sie harrt unter dem Kreuz aus, während er stirbt, sie ist dabei, als man den Leichnam vom Kreuz abnimmt und sie trägt ihn mit zu Grabe. Seit Jahrhunderten haben Künstler diese Szenen dargestellt, besonders oft Maria mit dem toten Jesus auf dem Schoß. Und seit Jahrhunderten schon haben Eltern, Männer und Frauen ihre eigenen Schmerzen hier wiedergefunden. Die Sorge und auch Angst um Kinder, den Schmerz, sich fremd zu werden, die Ohnmacht, das eigene Kind leiden zu sehen, die Erfahrung, einen Menschen zu verlieren. Natürlich ändern Marias Schmerzen nichts an den Schmerzen heutiger Eltern. Aber ich glaube, dass der Blick auf sie seit Jahrhunderten viele Menschen getröstet hat, die spüren durften: auch mein Schmerz hat einen Ort, einen Ort in der Nähe Gottes.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11530
weiterlesen...