Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Haste was, dann biste was." Eigentlich mag man diesen Spruch nicht besonders gern, aber wenn man das Leben nüchtern betrachtet, ist es genau so. Warum also groß darüber reden? Ganz einfach: weil es ganz schön gefährlich werden kann, wenn ganze Gesellschaften nach diesem Prinzip leben und handeln. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: die Krawalle in England.  Da bleiben mir auch die Bilder von Menschen in Erinnerung, die plündernd durch die Gegend ziehen, Flachbildschirme und Computer wegschleppen.  Im Fernsehen hat jemand eine Erklärung dafür versucht:„ Schaffe eine Gesellschaft, in der materielle Dinge über alles gehen. Erhöhe die Steuern für die Armen und reduziere sie für die Reichen. Mache Werbung für alles, ungeachtet dessen, dass es sich die Leute eigentlich nicht leisten können. Und dann zünde die Lunte." Auch Griechenland erfährt jetzt, was passieren kann, wenn jemand Feuer an diese Lunte legt. Seit den rigorosen Sparmaßnahmen steigt nämlich die Kriminalitätsrate sprunghaft an. Denn es gibt genug Menschen, denen jetzt das Geld  richtig knapp wird. Und leider gibt es viele, die jede Gelegenheit ergreifen, sich das zu klauen, was sie sich nicht mehr leisten können. Das Ganze spiegelt, was ein Großteil der Gesellschaft eben längst zur Maxime erhoben hat: „Ich bin, was ich habe." Wenn ich nichts habe, bin ich nichts. Deshalb nehme ich es mir mit Gewalt, wenn ich das Gefühl habe, mir wird etwas vorenthalten.  „Unsere Gesellschaft hat sich Konsumenten erzogen, wir sollten aber eine Gesellschaft von Bürgern erziehen." Das hat der Erzbischof von Canterbury gesagt. Recht hat er, und ich glaube, jeder von uns kann sich da an die eigene Nase fassen. Unser herrschendes Wirtschaftssystem vom wachsenden Markt hat uns das „Haste was, dann biste was" erfolgreich eingebläut und es profitiert prima davon. Dabei ist der Mensch doch viel mehr als nur Konsument. Vielleicht ist das ja auch der Grund dafür, warum manchmal ganze Stadtteile brennen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11520
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